Stillstand im Aufschwung: USA schaffen nur 73.000 neue Arbeitsplätze
Es ist ein ständiges Kommen und Gehen im kleinen Café an der Ecke 5th Avenue und Main Street in New York. Die Sonne bricht durch die großen Fensterscheiben und wirft tanzende Schatten auf den Boden aus Holz. Janna, die Barista, ist seit drei Jahren Teil dieses Lebensgefühls, das mit dem Aroma frisch gebrühten Kaffees und dem ständigen Brummen der Gespräche pulsieren würde. Doch am letzten Freitag schien etwas anders. Die mixende Musik war nicht so laut, die Gespräche nicht so lebhaft. Die Menschen schienen abwesend, gehetzt, als ob die Nachricht vom Arbeitsmarkt auf ihnen lastete – eine Meldung, die in der Kategorie „enttäuschend“ einzuordnen war. Nur 73.000 neue Arbeitsplätze wurden im letzten Monat in den USA geschaffen. Ein Filzläppchen, das auf den Tisch fiel, trotz der nahmhaften Hoffnungen auf eine rasante Erholung.
Noch vor einem Jahr schien die Welt anders. Mit jeder neueröffneten Firma, jedem florierenden Start-up fühlte sich die amerikanische Wirtschaft in einem geradezu unaufhaltsamen Aufwind. Angetrieben von einem Konsumrausch und einer neuen Welle des Unternehmertums, wurde das Bild von der Erholung nach den pandemischen Tiefpunkten beinahe martialisch zelebriert. „Wir sind zurück“, hieß es. Die Medien berichteten von Neu-Investitionen, boomenden Jobmessen und einer vertieften Fachkräfteknappheit. Doch wie so oft in der Wirtschaft offenbart sich die Scheinwerferfülle oft als Vakuum, wenn die strahlenden Fassaden verblassen.
Was bedeutet es also, dass nur 73.000 neue Arbeitsplätze geschaffen wurden? Betrachtet man die vorangegangenen Monate, in denen immer wieder Hunderttausende neue Stellen und mehr geschaffen wurden, ist dieser Rückgang nicht einfach nur ein statistischer Ausreißer. Es ist ein Signal für potenzielle Stagnation. Marc, ein junger Ingenieur in der Tech-Branche, schaut ratlos auf die Jobangebote in seinem Bereich. Es gibt sie, viele Stellen sind ausgeschrieben, doch die Erreichbarkeit scheint unerreichbar. „Die Unternehmen suchen nach Idealbesetzungen, nicht nach Potentialen“, sagt er mit abgewandeltem Tonfall, der mehr Resignation als Hoffnung erzählt.
Aber wie lässt sich ein derart starkes Dämpfer im Jobwachstum erklären? Der katastrophale Shutdown, der die amerikanische Wirtschaft zeitweise zum Erliegen brachte, ließ viele Firmen alternativen Ansätze finden. Remote-Arbeit wurde zur Norm, und viele Mitarbeiter finden sich, von ihren Sofas aus, wieder in der Kreativ-Nische, fernab von direkten Unternehmenskontakten. Der Hype um das Homeoffice, der anfangs von unzähligen Webinaren und inspirierenden Videos beworben wurde, trägt nun Auswirkungen, die ein Umdenken erfordern. Das Ergebnis: weniger kreative Arbeitsplätze, aber ein Überangebot an Online-Kursen, die von Klischees über „go big or go home“ geprägt sind.
Und während sich die großen Unternehmen an die Herausforderungen anpassen, die durch Inflation und Angebotsschocks mit sich gebracht werden, wird gleichzeitig der Druck auf Kleinunternehmer und Start-ups immer größer. Wäschereien, Friseursalons und kleine Gastronomien kämpfen gegen die steigenden Energiekosten und das schwankende Kundenverhalten. In einer Zeit, in der kollektiver Optimismus zum Motto erhoben wurde, konfrontieren sie die Realität, dass viele ihrer früheren Mitarbeiter sich für höher bezahlte Stellen in der Tech-Welt oder bei großen Konzernen entschieden haben, während die Nachfrage nach ihren Dienstleistungen sinkt.
Dass ausgerechnet in diesem Feld – dem Herzstück nicht nur der amerikanischen Wirtschaft, sondern auch des gesellschaftlichen Zusammenhalts – die Null zu spüren ist, hat tragische Konsequenzen. Ein kleiner Bekleidungsladen in Philadelphia, führend im nachhaltigen Modetrend, präsentiert seine neue Kollektion. Doch als der Besitzer Jake die leeren Stuhlreihen vor seinem Geschäft sieht, wird ihm klar, dass der letzte Kunde nicht mehr kommen wird. „Wir schaffen nicht mehr die Nachfrage. Und selbst wenn, können wir den Lohn nicht erhöhen, ohne die Preise signifikant zu steigern“, klagt er in einem Anflug von Frustration, während er die modebewussten Aufsteller mit halbem Herzen anstößt.
Es ist nicht nur ein wirtschaftliches Dilemma, sondern auch ein kulturelles. Das Vertrauen in die eigene Arbeitsfähigkeit schwindet, in einer Gesellschaft, die einst Pioniergeist und Aufbruch atmete, während sie gleichzeitig verzweifelt versucht, den Widerspruch zwischen Fortschritt und Stabilität in Balance zu halten. Die Politik hat die enorme Verantwortung, Rahmenbedingungen zu schaffen, die sowohl Unternehmen als auch Arbeitnehmer fördern, aber die Herausforderungen scheinen globalen Maßstabs zu sein.
Und während Janna ihren letzten Kaffee am Abend des düsteren Februartages serviert, seufzt sie leise. Der Kaffee ist nun kalt, wie die Stimmung in ihren Gedanken. Nur 73.000 neue Jobs – ein kleines Licht in einem Raum, der sich immer weiter verdunkelt. Und während das Geschirr erhöht klirrt und die letzten Menschen das Café verlassen, bleibt die Frage: Wo liegt der Ausweg aus dieser Jobsituation, wenn jede Nachricht mehr wie ein Schatten und weniger wie ein Licht erscheint? Es bleibt also abzuwarten, ob die schwachen Zahlen der vergangenen Monate zu einem Wendepunkt werden – oder ob sie lediglich den Auftakt für neue Herausforderungen markieren.