Die Kunst des Schenkens: Vorbereitungen auf die Änderungen des One Big Beautiful Bill
Am frühen Morgen eines verregneten Freitags sitzt Anna Müller, eine wohlhabende Unternehmerin aus dem Raum München, in ihrem Lieblingscafé. Während sie sippen aus ihrem dampfenden Cappuccino, blättert sie in einem Finanzmagazin. Ihr Blick bleibt auf einer Überschrift hängen, die sie nicht loslässt: „Die neuen steuerlichen Regelungen für Spenden – Was sich für Großspender ändern wird.“ Ein kurzer Seufzer entfährt ihr, während sie darüber nachdenkt, wie sie ihre großzügigen Beiträge für die Gemeinschaft nachhaltig sichern kann.
Ana ist eine von vielen Spenderinnen, die sich Sorgen über die bevorstehenden Änderungen im Steuerrecht machen. Der sogenannte „One Big Beautiful Bill“, ein Gesetzesentwurf, der in den USA im Gespräch ist und auch in Europa für Diskussionen sorgt, könnte weitreichende Konsequenzen für das Spendenverhalten von Wohlhabenden haben. Es geht nicht nur darum, wie viel steuerliche Vorteile sie aus ihren Spenden ziehen können, sondern auch um die Frage, wie sich die Kultur des Gebens unter den veränderten Rahmenbedingungen entwickeln wird.
Die geplanten Änderungen sehen vor, dass Großspender künftig einen Teil ihrer Spenden nicht mehr in vollem Umfang von der Steuer absetzen können. Während dies den Staatshaushalt entlasten könnte, stellt es doch eine Herausforderung für Organisationen dar, die auf Großspenden angewiesen sind. Wenn Anna mit ihrer Spende an ein örtliches Bildungsprojekt oder an ihre Stiftung für benachteiligte Kinder künftig weniger steuerliche Vorteile erhält, könnte sie sich überlegen, ob sie auch weiterhin in dem gleichen Maße spendet.
Das Phänomen des „Philanthrocapitalism“, das in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen hat, könnte hier auf die Probe gestellt werden. Immer mehr Wohlhabende betrachten ihr Geben nicht nur als altruistischen Akt, sondern auch als strategische Investition in die Gesellschaft. Sie erwarten eine messbare Wirkung ihrer Spenden. Der angestrebte Wandel kann dazu führen, dass Spender nun kritischer hinterfragen, in welche Projekte sie investieren und wie sich ihre Spenden langfristig auswirken.
Ein Beispiel: Die Stiftung von Anna hat in den letzten Jahren mehrere Millionen Euro in innovative Bildungsprogramme gesteckt. Die bisherigen steuerlichen Erleichterungen haben ihr diese Investitionen erleichtert. Mit den neuen Regelungen könnte sich die Finanzierungslage ihrer Stiftung jedoch verschlechtern. Möglicherweise werden ihre Spendengelder nicht mehr für langfristige Projekte eingesetzt, sondern für kurzfristige Lösungen, die schnellen Erfolg versprechen – ein gefährlicher Trend, wenn man bedenkt, dass nachhaltige Veränderungen oft Zeit benötigen, um sich zu entwickeln.
In einem tieferen sozialen Kontext betrachtet, lässt sich beobachten, dass die Förderlandschaft immer mehr polarisiert. Während einige großen Stiftungen und wohlhabende Spender ihren Einfluss über die Wahl der Projekte ausüben, werden kleinere gemeinnützige Organisationen, die oft auf regelmäßige, moderate Spenden angewiesen sind, verstärkt in die Bredouille geraten. Die Unsicherheiten über die zukünftige steuerliche Behandlung ihrer Spenden könnte auch die Spenderbasis dahingehend beeinflussen, dass sie weniger bereit sind, langfristige Engagements einzugehen und stattdessen ihr Engagement auf dem kurzfristigen Erfolg konzentrieren.
Die Diskussion um den „One Big Beautiful Bill“ ist auch ein Zeichen für einen tiefen gesellschaftlichen Wandel. Die Frage nach der Verantwortung von Wohlhabenden, die sozialen Missstände zu bekämpfen, ist aktueller denn je. Der Gesetzesentwurf könnte ein Umdenken anstoßen: Weniger Fokus auf die Steuervorteile, mehr Wertschätzung für die gesellschaftliche Verantwortung. Tragfähige Lösungen für soziale Probleme erfordern langfristige Engagements und ein gemeinschaftliches Handeln, das über den reinen finanziellen Aspekt hinausgeht.
Für Anna und viele andere Spenderinnen und Spender bedeutet das, ihre Zukunftsstrategien zu überdenken. Sie haben noch einige Monate, bevor die neuen Regelungen greifen. Zeit, um ihre Prioritäten zu setzen und sicherzustellen, dass ihre Spenden auch weiterhin einen nachhaltigen Einfluss auf die Gesellschaft haben werden. Zeit, um aus dem reinen Geben eine Kunst zu machen, die sich nicht bloß an persönlichen Steuervorteilen orientiert, sondern an einer Vision für eine bessere Welt—eine, die nicht nur die Fassade, sondern auch die tieferliegenden Bedürfnisse der Gesellschaft anspricht.
Während die Wolken über dem Münchener Himmel aufziehen, sind es für Anna nicht nur die Wolken des Wetters, die schwer auf ihrem Gemüt lasten. Es sind die ungewissen Zukunftsperspektiven, die an ihr nagen. Doch eines hat sie bereits klar erkannt: Das Geben an sich ist ein Akt der Gestaltung, der über den eigenen Vorteil hinausgeht. Und so nippt sie an ihrem Cappuccino und macht sich an die Planung ihrer nächsten Schritte.