Die Kaffeetasse ist ein bescheidenes Gefäß, doch in den letzten Jahren hat sie sich zu einem Symbol für sozialen Wandel, wirtschaftliche Strategien und gelegentlich auch zu einem Aufreger in der Gesellschaft entwickelt. Lap Coffee, eine Kaffeekette, die in den letzten Jahren in immer mehr deutschen Städten eröffnet hat, verkörpert diese Ambivalenz wie kaum eine andere Marke.
Auf der Kaffeetour durch Berlin
In einem der zahlreichen Cafés von Lap Coffee in Berlin Mitte fließt der Espresso wie Wasser – schnell, effizient und in erstaunlich preisgünstiger Form. An einem grauen Dienstagmittag, umgeben von einem Mix aus Freiberuflern und internationalen Touristen, scheint die Atmosphäre ausgelassen. Zu den Klängen einer eingängigen Playlist wird Kaffee serviert, der für 1,50 Euro pro Becher angeboten wird. In der Wartezeit überlegt man, ob man auch einen Brownie probieren sollte, dessen Preis kaum mehr als zwei Euro beträgt. „Ich kann mir das leisten, das ist unglaublich!“, murmelt eine junge Frau, während sie ihren doppelten Schuss in der Hand hält.
Doch nicht alles ist unbeschwert. Der Gründer – nennen wir ihn Felix – hat die Angewohnheit, in seinem minimalistischen Büro mehr Zeit am Computer zu verbringen, als in den Cafés, die er betreibt. In Anzug und krawattenlos kleidet er sich eher nach dem einer disruptiven Tech-Startup-Gründer. Die Videos von Podiumsdiskussionen, in denen er gefragte Meinungen zu Themen wie Wirtschaftsethik und Expansion formuliert, haben ihm eine Art Kultstatus im Internet beschert. Manchmal blitzen in diesen eine Art Gereiztheit und eine Miene auf, als wüsste er genau, dass das, was er tut, nicht nur von Lob überhäuft wird.
Das Geschäft mit dem Kaffee
Das Geschäftsmodell von Lap Coffee ist so einfach wie clever: günstige Preise, schnelle Bedienung und strategische Standorte. „Wir wollen Kaffee für alle zugänglich machen“, erklärt Felix in einem Interview. „Das ist das Fundament unseres Unternehmens.“ Die Kette hat sich in einer Welt etabliert, die von hohen Preisen und luxuriösen Cafés geprägt ist – ein working-class-Äquivalent in der Welt des Kaffees. Der Wert der Marke beruht nicht nur auf dem Produkt, sondern auf der Erfahrung, die sie vermittelt.
Die Versuchung ist groß, in einer Erfolgsgeschichte wie dieser das günstige Produkt als einen gefährlichen Preis zu bewerten. Kritiker werfen der Kette vor, die Arbeitsbedingungen von Baristas in anderen Kaffeeketten zu untergraben und für ein „Race to the Bottom“ zu sorgen – eine Spirale, die nur dazu führt, dass der Kaffee immer billiger und die Menschen, die ihn zubereiten, immer weniger wertgeschätzt werden.
Dieser Vorwurf trifft auf Felix nicht. Stattdessen spricht er davon, dass seine Kette Arbeitsplätze schafft und die Löhne der Baristas über dem Branchendurchschnitt liegen. „Ich bin stolz darauf, dass wir wachsen und gleichzeitig einen positiven Einfluss auf die Gemeinde ausüben können“, sagt er.
Der Hass, der folgen kann
Die Zeit, die ein Unternehmen benötigt, um von geliebt zu gehasst zu werden, kann kurz sein – und Lap Coffee ist da keine Ausnahme. In sozialen Netzwerken wird die Kette heftig kritisiert, geprägt von Emotionen, die oft das Unbehagen einer Generation widerspiegeln, die um soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliche Fairness kämpft. Die Meinungen über die Kette sind gespalten; während einige sie als Trendsetter feiern, sehen andere in ihr nichts weiter als ein weiteres Beispiel makabren Konsums.
Doch auch die Anfeindungen könnten Felix stärken. Es gibt diese Cocktail-Stimmung am Puls der Zeit, die sowohl die Unterstützung von Investoren als auch Zeichen des Widerstands zurückbringt. „Der Hass ist fast ein Markenzeichen“, sagt er schmunzelnd. „Es bedeutet, dass wir die Debatte anstoßen, und das ist es, was wir erreichen wollen.“
Ein Blick in die Zukunft
In den nächsten Monaten denkt Felix über weitere Expansionen nach. Während einige Filialen in strategisch günstigen Lagen bereits geöffnet sind, gibt es Diskussionen über Filialen in beliebten Stadtteilen, wo die Bodenpreise hoch, aber die Konkurrenz auch gewaltig ist. „Der Kaffee ist der Klebstoff, der Menschen verbindet, und wir wollen nicht nur Getränke verkaufen, sondern auch Atmosphäre schaffen“, sagt er.
In Gedanken wirkt er, als plane er ein riesiges Puzzle, das nicht nur aus Kaffee und Preisen, sondern auch aus sozialen Netzwerken, praktischen Lösungen und dem vielbeschworenen digitalen Zeitalter besteht. Wie ein Regisseur, der nicht nur das Skript, sondern auch die gesamte Inszenierung gestaltet.
Das Schicksal der Kaffeekette könnte das unserer Gesellschaft an der Schnittstelle von Konsum und Ethik spiegeln – es gibt nur wenige Produkte, die so viele Emotionen wecken wie eine Tasse Kaffee. Vielleicht ist es genau dieser Puls, der Felix anzieht – der Wunsch, im Mittelpunkt zu stehen, und die Bereitschaft, auch Widerstand in Kauf zu nehmen für das, was er als seine Mission sieht. „Wir tun das, was wir für richtig halten. Und damit können wir leben“, schließt Felix, während der Blick auf die vibrierende Atmosphäre hinter ihm fällt, in der jeder Schluck eine Art kleine Rebellion darstellt.