Am frühen Nachmittag, als die Sonne mit voller Kraft auf die Dächer der Stadt strahlte, meldete das Leitwarte der Energiegesellschaft eine ungewöhnliche Situation: mehr als 20 Prozent des erzeugten Stroms blieben ungenutzt. Der Wind blies kräftig, die Solarpanels auf den Dächern von Industriegebäuden und Privathäusern liefen auf Hochtouren und die Gleise der alten Straßenbahn tanzten im Glanz der reflektierenden Sonnenstrahlen. Der Überschuss betrug mehr, als die Stadt selbst zur selben Zeit verbrauchen konnte.
Es ist eine dieser paradoxen Situationen in der modernen Energiewirtschaft: Wir leben in einem Zeitalter, in dem wir die Technologien haben, um saubere Energie in Hülle und Fülle zu erzeugen, doch es mangelt an Möglichkeiten, diese Energie effizient zu nutzen. An einem Tisch, gefüllt mit leeren Kaffeetassen und dem Duft von frischem Gebäck im Hintergrund, diskutierten Ingenieure und Umweltaktivisten die Frage: Warum wird dieser überschüssige Ökostrom nicht dazu verwendet, Wasserstoff zu erzeugen? Ein schier endloser Dialog über eine Idee, die in den letzten Jahren immer wieder aufgegriffen, aber oft auch verworfen wurde.
Christian, ein junger Ingenieur mit aufmerksamen Augen, steht auf und beschäftigt sich mit einer der zahlreichen Grafiken an der Wand. „Wasserstoff ist unser Zeitalter der Jule!“, sagt er mit einem Anflug von Begeisterung. „Es ist die Antwort auf viele unserer Probleme, aber wir brauchen mehr als nur Enthusiasmus. Die aktuellen Technologien zur Wasserstofferzeugung sind teuer und ineffizient, selbst wenn wir die Überschüsse zur Verfügung hätten.“ Während er spricht, blitzen Bilder vor meinem inneren Auge auf: riesige Elektrolyseanlagen, die im glühenden Sonnenlicht schimmern, und Menschen, die in schmutzigen Cafés um Lösungen ringen.
Einige Meter entfernt sitzt Sarah, eine aufmerksame Umweltaktivistin, die in einem Projekt zur Förderung nachhaltiger Technologien engagiert ist. Zu färbigen Post-its und wütenden Zeichnungen über Wasserschutz und Klimawandel, sagt sie: „Jeder Elektron, der nicht genutzt wird, ist wie ein verschwendeter Atemzug. Es gibt diese Technologie und das Potenzial, aber der politische Wille? Der ist nicht immer da.“ Fast unwillkürlich wandern meine Gedanken in die weite Ferne, zu den Gipfeln, wo Politiker sich in Grüppchen versammeln, um über den Klimawandel zu sprechen – und dann das Ausbleiben konkreter Lösungen.
In der Szenerie um uns herum spiegelt sich das Dilemma der Überschussenergie wider. Die Städte wachsen, die Menschen brauchen immer mehr Strom, und gleichzeitig wird der Raum für Innovationen, die alte Infrastruktur und die politischen Prozesse, die oft in einander verhakt sind, schmaler. Wenn also der Ökostrom über das Netz fließt und die Zähler sich schneller drehen als das Herz eines Kraftwerks, inwieweit gelingt es uns, diesen Strom zum Nutzen aller umzuwandeln?
„Klar, Wasserstoff ist eine Möglichkeit. Und ja, es gibt Unternehmen, die Projekte zur Erzeugung von Wasserstoff aus Ökostrom initiieren“, führt Christian fort. „Aber die bestimmte Problematik ist die Speicherung und die Umwandlungskosten. Diese bleiben enorm hoch, sodass die heute gängigen Methoden nicht wirklich einen Fortschritt bedeuten.“ Seine Stimme klingt regional, aber die Botschaft ist universell. Kamen wir nicht immer wieder auf den Fragen heraus, wie wir die Versprechen der Erneuerbaren am besten erfüllen?
An einem nahen Tisch höre ich eine Gruppe von Vertretern großer Energieunternehmen über die Herausforderungen der Transformation des Marktes diskutieren. „Wir müssen den wirtschaftlichen Anreiz für die Erzeugung von Wasserstoff mit Wind- und Solarkraft schaffen“, sagt einer von ihnen mit Nachdruck. „Es benötigt Investitionen, Subventionen und letztlich einen starken staatlichen Willen. Und da sind wir hier in Deutschland nicht die Einzigen.“ Hier also, in einem Raum voller kluger Köpfe, wird aus einer Idee eine theoretische Übung – und was bleibt, ist das unverfrorene Gefühl der Ungewissheit.
Gehen wir weiter zu den Anlagen, die bereits gebaut wurden, um Wasserstoff aus überschüssigem Strom zu erzeugen. Der Prozess erfordert viel Energie, und nicht selten wird der erzeugte Wasserstoff entweder nicht abgenommen oder landet in Energiesystemen, die nicht optimal ausgelegt sind. Stattdessen wird der aufbereitete Ökostrom einfach außerhalb der Stadtgrenzen dorthin verkauft, wo der Fernzugang zur Stromversorgung besteht. Ein Kreislauf in der umgekehrten Richtung: Höhere Einfuhrkosten, während lokale Lösungen nach Alternativen schreien.
Nachdem ich mich ein wenig in den Plänen verloren habe, mache ich einen Spaziergang durch die Stadt, die immer noch von der Sonne besucht wird. Hier und da blitzen moderne Entwicklungen auf – Windräder, innovative Gebäude, die mit begrünungsfreundlicher Architektur das Bild der Skyline prägen – und werfen Fragen auf: Müssten wir nicht viel mehr Experimente anbieten und uns von den klassischen Denkweisen entfernen? Warum statt nur einen Teil der überschüssigen Energie für Wasserstoff verwenden, nicht auch für andere innovative Energielösungen?
Ich sehe den Wolken nach, die sanft am Himmel treiben. Vielleicht ist es der natürliche Zyklus der Energieerzeugung, der uns lehren sollte, dass nicht jede Lösung sofort verfügbar ist. Vielleicht ist es nur Geduld. Aber diejenigen, die an dieser Herausforderung arbeiten, wie Christian und Sarah, wissen, dass der Weg vielschichtig und der Übergang beschwerlich ist.
Am Ende des Tages, wenn das Licht von den Gebäuden schwindet und die ersten Sterne wieder aufleuchten, bleibt die Frage, die immer wieder durch die Köpfe der Denker und Träumer zieht: Sind wir bereit, die Technologien, die wir maßlos haben, auch sinnvoll zu nutzen? Was kann in der gegenwärtigen Welt der Energie geschieht, wenn im nächsten Moment wieder mehr „über“ als „genutzt“ wird? Der Überschuss von heute sollte nicht die Frustration von morgen sein; vielmehr die treibende Kraft eines neuen Verständnisses von Energie, einem neuen Paradigma, das sich von den Ketten der alten Versorgungslinien befreit.