Eine Reise ins Universum des Scheiterns: Die neue Adaption von „War of the Worlds“
Im Jahr 1898 stellte H. G. Wells mit seinem Roman „Dieokrieg der Welten“ eine Frage, die die Menschheit auch mehr als ein Jahrhundert später beschäftigt: Was passiert, wenn die vermeintlich überlegene Zivilisation auf die Erde trifft? Diese Frage hat in den vergangenen Jahrzehnten zahlreiche filmische und literarische Adaptionen hervorgebracht, von der legendären Radiosendung von Orson Welles 1938 bis zum Hollywood-Blockbuster von Steven Spielberg im Jahr 2005. Ein ständiger Versuch, das Grauen und die Faszination einer Invasion von außen neu zu interpretieren.
In diesem Monat hat Amazon Prime Video mit einer eigenen Version von „War of the Worlds“ einen neuen Versuch gestartet, der – aus vielerlei Perspektiven – zum Schmunzeln und zugleich zum Staunen verleitet. Denn die neueste Adaption ist nicht nur ein filmischer Flop, sie könnte sogar als spektakulärer Misserfolg in die Annalen der Filmgeschichte eingehen. Mit Ice Cube in der Hauptrolle wird versucht, das klassische Thema in ein modernes Setting zu transferieren – und dabei wird die Frage nach dem Sinn des Schauens eines Films auf neue Weise überdacht.
Die Rahmenhandlung dreht sich um Will Radford, gespielt von Ice Cube, der als Beamter der Homeland Security fungiert. Bevor man sich jedoch mit dem Spektakel einer Alieninvasion beschäftigen kann, wird der Zuschauer Zeuge einer ganz anderen Art von Dystopie, in der ein unliebsamer Vater die Abgründe seiner Beziehung zu seinen erwachsenen Kindern auslotet. Will Radford ist der Inbegriff einer ambivalenten Hauptfigur. Während die Zuschauer bei einem idiotischen Actionfilm oft mit einem sympathischen Helden mitfiebern, wird hier die Heldenreise von einem Mann dominiert, der anscheinend alles richtig macht, außer das, was wirklich zählt: seiner Familie echte Zuneigung und Unterstützung zu geben.
Diese unbehagliche Perspektive auf familiäre Beziehungen ergibt sich nicht aus einer intelligenten Charakterentwicklung, sondern aus dem ungeschickten Skript, das von Kenneth A. Golde und Marc Hyman verfasst wurde. Der Charme und die Tiefe, die der Stoff eigentlich bieten könnte, versickern in einem Meer aus Klischees und unnötigen Erzählsträngen. So wird die scheinbare Bedrohung durch die Aliens mehr zu einem Nebenschauplatz, während sich die Beziehung zwischen Will und seiner Tochter Faith zu einer leidenschaftlichen, aber ungewollt komischen Auseinandersetzung entwickelt.
Ein unverhoffter und ironischer Moment in dieser Adaption ist die Art, wie die Aliens selbst in ihrer eigenen Geschichte eine Randnotiz bleiben. Zuschauer, die sich auf überwältigende Spezialeffekte und beeindruckende Kreaturen gefreut haben, werden bitter enttäuscht. Im Gegensatz zu epischen Aufeinandertreffen in Filmen wie „Independence Day“ oder Spielbergs „War of the Worlds“, ist das neue Werk spärlich mit optischen Eindrücken gespickt. Anstatt einer fesselnden Alien-Invasion ist der Zuschauer mit statischen Bildern und klobigen CGI greifbarer Feindbilder konfrontiert, die einen getäuschten Blick hinter die Kulissen der modernen Technologie erlauben.
Die Wahl, die Geschichte rund um Themen wie Überwachung und Datenschutz zu spinnen, anstatt das klassische Element der Menschheit im Kampf gegen die Übermacht der Aliens zu präsentieren, ist mehr als ein kreativer Fehlschlag. Es ist eine Enttäuschung für all jene, die in diesen Science-Fiction-Welten nach dem Fundament menschlicher Emotionen und einer verständlichen Handlung suchen. Anstelle von Aufständen gegen die Invasion und glorreichen Heldentaten drängt sich die Altersfrage auf: Wie viel Technologie ist zu viel, und wo verbleibt der Mensch in dieser Gleichung?
Die wenigen Chancen, die dem Cast um Eva Longoria und Clark Gregg gegeben wurden, um eine leidenschaftliche Darbietung abzuliefern, scheinen völlig verschwendet zu sein, während sich ihre Charaktere im Fernsehformat vierzig Minuten lang durch die Szenerie pillen. Ihre Interaktionen wirken mehr wie ein behäbiger Versuch, die Zuschauer bei Laune zu halten, als dass sie zum Aufleben des dramatischen Geschehens beitragen.
Ein unangenehmer aber fast schon lustiger Aspekt ist, dass die Auflösung des Konflikts die Kinder von Will in den Mittelpunkt drängt. Hier wird das Konzept des ‚Familienzusammenhalts‘ mit einem klischeehaften Produktplacement eines Amazon-Prime-Kuriers unterbrochen. Diese Misskonzeption schafft ein schmerzliches Gefühl der Absurdität und lässt den Zuschauer ratlos zurück.
Wie es aussieht, bringt die neue Adaption von „War of the Worlds“ zwar viele Zuschauer zu Amazon Prime Video – jüngste Berichte zeigen, dass sie ein Publikumserfolg ist. Dennoch bleibt die wertvolle Frage präsent: Was macht einen guten Film aus? Es ist das befriedigende Ausbalancieren von Handlung, Charakterentwicklung und emotionaler Resonanz. Hier bleibt nichts als das Unbehagen eines misslungenen Schauspiels, das vor allem eines lehrt: nicht alle Anpassungen großer Werke der Literatur können den gleichen Glanz wie ihr Vorbild entfalten.
Mit einer von Kritikern als katastrophal bewerteten Null-Punkte-Wertung auf Rotten Tomatoes hat der Film eine seltene, wenn nicht gar beeindruckende Leistung vollbracht. Unbemerkt von Künstlerverstandslosigkeit und dem Drang, dem klassischen Thema ein neues Gesicht zu geben, bleibt uns das leise Lächeln und ein Hauch von Traurigkeit zurück: Man kann in die Tiefen der menschlichen Existenz eintauchen und selbst dort nur einen leeren Raum gefüllt mit Widersprüchen entdecken.