In einer Zeit, in der das Fernsehen von Krimiserien und Reality-Shows dominiert wird, mag der Gedanke an ein Sitcom-Format, das sich um vier (mostly) grauhaarige Damen dreht, die in Miami zusammenleben und sich mit Bowling-Teams und Tanzwettbewerben auseinandersetzen, absurd erscheinen. Doch genau das geschah, als NBC im September 1985 „The Golden Girls“ ins Leben rief. Unter der kreativen Leitung von Susan Harris, der früheren Schöpferin von „Soap“, wurde diese Serie schnell zu einem Phänomen und machte aus ihren Hauptdarstellerinnen nicht nur Charaktere, sondern auch Freundinnen für Millionen von Zuschauern.
Die erste Folge kam am 14. September 1985. Zu sehen waren Bea Arthur als die strenge Dorothy, Rue McClanahan als die aufreizende Blanche, die etwas schüchterne Rose, verkörpert von Betty White, und Estelle Getty als die schlagfertige Sophia. Diese vier Frauen bildeten nicht nur eine Wohngemeinschaft, sondern auch ein Mikrokosmos menschlicher Beziehungen, in dem das Lachen oft halbe Nächte füllte. Während gangbare Themen auf den Bildschirmen der 1980er Jahre oft dem kulturell etwas konservativen Umfeld geschuldet waren, erblühte hier ein Gesprächsstoff, der alles abdeckte – von Sexualität und HIV/AIDS bis hin zu Partnergewalt.
„Es gab damals einfach niemanden im Fernsehen, der wie diese Frauen aussah und besonders nicht über Dinge sprach, die sie diskutierten“, merkt Stan Zimmerman, einer der Autoren der ersten Staffel, in einem Interview an. Er reflektiert den Mut, mit dem die „Golden Girls“ ein Bewusstsein für oft ignorierte Themen schufen. Der Humor der Show war nicht nur scharfzüngig, er war auch ehrlich und oft tragisch – Themen, die ältere Menschen in der Gesellschaft betreffen, wurden mit einer Leichtigkeit behandelt, die bis heute nachhallt.
Jim Colucci, Autor von „Golden Girls Forever“, weist darauf hin, dass der Erfolg auch auf dem außergewöhnlichen Schreibtalent beruht. „Es gab selten eine Show mit so scharfer Komik und herausragenden Darstellungen“, betont er. „Es war egal, dass es sich um ältere Damen handelte; als Jugendlicher fand ich es viel lustiger als alles andere zu dieser Zeit.“ Die Kombination aus scharfer Satire und Herzensthemen schuf nicht nur eine Fangemeinde unter den älteren Zuschauern, sondern auch eine überraschende Anziehungskraft für das junge Publikum.
Lange nach ihrem Ende im Jahr 1992 lebt das Erbe der „Golden Girls“ weiter – nicht nur in syndizierten Wiederholungen und Streaming-Diensten wie Hulu, sondern auch in verschiedenen Retallierungen und kulturellen Hommagen. Fast vier Jahrzehnte nach der ersten Ausstrahlung erkennt man, dass die Behind-the-Scenes-Geschichten genauso legendär sind wie die Fernsehmomente selbst. Die Beziehung zwischen den Hauptdarstellerinnen, insbesondere zwischen Bea Arthur und Betty White, war geprägt von Konkurrenz und Differenzen, die Spielerisch, aber auch mit einem verletzlichen Unterton behandelt wurden. “Bea mochte es, das Skript bis zur letzten Minute genau zu befolgen, während Betty lieber die Zeilen zu Beginn der Woche auswendig lernte und dann mit dem Publikum herumalberte,” erklärt Colucci.
Die ironischen Wendungen und dramatischen Momente bis hin zur finalen Episode, enttäuschten viele Fans. Der Versuch eines Spin-offs mit „The Golden Palace“ im Jahr 1992, in dem Blanche, Rose und Sophia als Hoteliers agierten, fand nicht denselben tiefen Eindring in die Herzen der Zuschauer und war nach 24 Episoden schon wieder Geschichte.
Doch das wahre Vermächtnis der „Golden Girls“ liegt in ihrer Darstellung von Freundschaft und Familie. Über all die humorvollen Anekdoten hinaus schafft die Show ein Gefühl des Zusammenhalts, das vielen Fans als Flucht aus der Realität diente. Vor allem die LGBTQIA+-Gemeinschaft hat einen besonderen Bezug zu dieser Serie gefunden, die in ihrer Darstellung einer gewählten Familie ansprechende Anklänge fand. „Das grundlegende Element für den Erfolg der „Girls“ ist einfach Liebe“, so Colucci, „Fast jeder kann sich mit der Idee identifizieren, dass wir oft bessere Freunde haben als der eigene biologische Verwandte.”
Die Zeit vergeht, und so auch die Zeit der vier ikonischen Damen. White, Arthur und McClanahan trafen sich zum letzten Mal öffentlich 2008, nur fünf Wochen bevor Estelle Getty verstarb. Betty White, die 2021 im Alter von 99 Jahren starb, hinterließ unzählige Erinnerungen, die in den Herzen der Fans weiterleben. Ihr „Golden Girls“-Regiestuhl, bei einer Auktion für 76.800 Dollar verkauft, ist ein Zeugnis für das unermessliche Erbe, das sie hinterlassen hat.
Die Frage bleibt, ob eine moderne Neuauflage der „Golden Girls“ denkbar ist. Colucci und Zimmerman sind skeptisch. „Die Originaldarstellerinnen sind zu perfekt in ihren Rollen; es wäre kaum eine Schauspielerin bereit, das zu übernehmen,“ sagt Colucci. Ihr ermutigendes Plädoyer bleibt: „Lasst es so, wie es ist. Es wäre einfach nicht dasselbe.“
„Die Golden Girls“ bleibt ein Fenster in unterschiedliche Zeiten, durch das wir lachen, lernen und manchmal weinen können, während wir uns an die unvergesslichen Lektionen erinnern, die uns ihre Geschichten über das Leben, die Freundschaft und die Liebe geschenkt haben.