Man trifft Seth Rogen normalerweise nicht in Anzügen an, zumindest nicht in den Erinnerungen an seine stoned-lastigen Komödien aus der Frühzeit seiner Karriere. Eher denkt man an zerknitterte T-Shirts, ausgelatschte Kapuzenjacken und das unverkennbare Grinsen eines Mannes, der wohl gerade den besten Joint seines Lebens geraucht hat. Doch wer heute auf Rogen blickt, sieht mehr als den liebenswerten Chaoten aus „Freaks and Geeks“ oder „Knocked Up“. Ein modisches Chamäleon hat sich etabliert, einer, der die Kunst des Doppelt-Reihers meisterhaft neu definiert hat – und damit ein kluges Spiel aus lässiger Raffinesse und subtiler Provokation führt.
Es ist nicht bloß die Tatsache, dass ein Schauspieler mit durchscheinender Vergangenheit als Cannabis-Enthusiast auf einmal einen zweireihigen Blazer wie aus einer italienischen Schneiderei trägt. Nein, es ist die Art, wie er ihn trägt – wie eine Improvisation, die geradezu beiläufig wirkt, obwohl sie minutiös ausgefeilt ist. Seth Rogens Modekarriere scheint sich parallel zu entwickeln zu seiner künstlerischen Arbeit: von der Albernheit der Slapstick-Jokes zur ernsteren, vielschichtigen Performance hinter der Kamera. Er produziert, er schreibt, er inszeniert. Zwischenzeitlich auch Töpfer. Und nebenbei lässt er uns alle mit seiner neuen Garderobe staunen.
Ein Blick auf seinen jüngsten Auftritt in New York City genügt: Ein puderblauer Doppelreiher, der die Grenze zwischen Sommerfrische und Geschäftsmann mühelos verwischt. Man sieht ihn nicht, wie man es von einer klassischen Maßkonfektion erwartet – dass alles perfekt sitzt im Sinne von „Festhalten und Stolzieren“. Stattdessen wirkt die Silhouette entspannt, fast schon lässig. Das weiße T-Shirt streckt sich unter dem Sakko, in den Bund der khakifarbenen Hose gesteckt, deren Bügelfalte fast schon ironisch betont wird. Seine braunen Penny Loafers geben mit tonalem Kamelsocken-Plaisir einen Tick von Understatement preis, das Boulevard-Publikum und Anzugträger wohl gleichermaßen irritiert und begeistert.
Diese Inszenierung eines Kleidungsstücks, das traditionell mit mehr als nur ein bisschen Respekt betrachtet wird, ist eine kleine Rebellion. Schließlich hat der Doppelt-Reiher einen reich gedeckten Tisch an Nervosität parat: die Gefahr, wie der Gangster aus einem alten Noir-Film zu wirken, die latente Überformalisierung, die ein Stück Historie und Konservativismus mit sich bringt. Doch Rogen scheint sich nicht nur dieser Verantwortung bewusst, sondern spielt regelrecht damit. Er offenbart, dass ein solcher Blazer nicht zwangsläufig etwas Staubtrocknes sein muss, sondern durchaus frech, ungezwungen und überraschend tragbar für jemanden, der nicht versucht, bloß das Rollenbild eines Hollywood-Charakters zu erfüllen.
Vielleicht liegt es an seiner Aura des Nicht-Ernstnehmenden, dass es bei ihm funktioniert – der Mann, der mühelos von einer Show, die als Geheimtipp durchgeht, zu den großen Regieprojekten wechselt, der nebenbei einen Online-Shop für Tonwaren betreibt und Theorien über das perfekte Tulpenbecher-Werfen auf Youtube teilt. Von dieser locker-flockigen Einstellung zeugt auch sein wechselnder Umgang mit dem Doppelt-Reiher, mal als chore-artiger Cardigan aufgeknöpft, mal in der Variante von Brunello Cucinelli, wo ein grober Webstoff den sonst so ernsthaften Schnitt aufbricht. Die getragenen braunen Horsebit-Loafer mit dem weißen Kragenhemd ergänzen das Bild eines Mannes, der sich nicht zwischen „Anzugträger“ und „Kerl von nebenan“ entscheiden muss, sondern beide Rollen in sich vereint.
Für die Mode, die sich sonst oft in strengen Regeln und starren Codes verliert, ist das ein erfrischender Weckruf. Gerade im Zeitalter der Ironie und der Selbstdistanz zeigt Rogen, dass Authentizität nicht darin besteht, sich komplett neu zu erfinden, sondern vielmehr darin, Altes neu zu denken – mit einem Augenzwinkern und der Bereitschaft, Tradition zu verbiegen, ohne sie zu entstellen. Dabei ist der Doppelt-Reiher nicht mehr nur das Stück für die großen Boss-Termine, sondern Teil eines lässigen, modernen Alltags, ganz gleich, ob auf der Film-Premiere oder im Atelier, wo ein Topf entsteht, der genauso viel Persönlichkeit trägt wie die Krawatte von damals.
Es ist diese Ambivalenz, die fasziniert: Ein Mann, der seine Karriere auf Komödien mit hyggeligem Chill-Faktor aufgebaut hat, schreibt nun ein Kleidungsstück neu, das seit Jahrzehnten als Diskursobjekt der Mode gilt. Im Schatten der Showbiz-Glitzerwelt beleuchtet Seth Rogen damit auch ein Versprechen – das einer neuen Gelassenheit, ohne den Anspruch auf Stil abzulegen. Und am Ende begibt sich der Zuschauer, Modefreund oder zufällig Vorbeikommende auf eine kleine Reise mit dem Schauspieler: weg vom Klischee des „stoners“, hin zu einer entspannteren Form der Eleganz. Es ist kein plötzlicher Wandel, sondern ein leises Weggehen vom alten Ich, subtil und mit Tiefgang.
So bleibt am Ende die Frage, die man beim Beobachten seines Auftretens im Doppelreiher unweigerlich stellt: Was erzählt die Kleidung über uns, wenn jemand wie Seth Rogen sie neu erfindet? Vielleicht, dass wahre Eleganz nicht im Perfekten liegt, sondern im mutigen Spiel mit Gegensätzen. Dass man ein Meister der Lässigkeit sein kann, ohne dabei die Details zu vernachlässigen. Und vor allem, dass man sich selbst nie zu ernst nehmen sollte – auch nicht in einem Sakko mit doppelter Knopfleiste.