Es ist der erste September, und trotz der üppigen Zugäue an den Fachoberschulen und den werbenden Plakaten der Unternehmen in der Stadt bleiben die Ausbildungsplätze unbesetzt. Die Straßencafés sind voll, aber nicht mit jungen Menschen, die in das Berufsleben starten wollen. Vielmehr sitzen dort Gruppen von Freunden, die sich in der Freiheit des Sommers sonnen und darüber sprechen, was sie als Nächstes tun wollen. Entscheidungen scheinen in der Luft zu hängen, während Unternehmen angestrengt versuchen, die Lücken in ihren Ausbildungsprogrammen zu schließen.
Eine repräsentative Studie legt nahe, dass der Grund für die offenen Stellen nicht nur in der absoluten Zahl verfügbarer Bewerber liegt, sondern auch in der Art und Weise, wie Unternehmen sich präsentieren – oder besser gesagt, nicht präsentieren. Das Bild eines paradoxen Marktes entsteht: Auf der einen Seite der Drang nach qualifizierten Auszubildenden, auf der anderen Seite eine fast behäbige Zurückhaltung der Betriebe, ihre Vorzüge aktiv in den Vordergrund zu stellen.
In einem kleinen, städtischen Restaurant trifft die 21-jährige Lina auf ihre alten Mitschüler. Sie hat gerade ihre Ausbildung zur Koch-Auszubildenden in einem renommierten Restaurant abgebrochen. „Ich wollte etwas anderes, aber hier ist einfach nichts. Die Betriebe gehen nicht auf uns zu, und die Bedingungen sind nicht so gut, wie sie immer gesagt werden“, erklärt sie, während sie einen kräftigen Schluck von ihrem Latte Macchiato nimmt. Das Restaurant ist schick, die Wände zieren Bilder von schmackhaften Gerichten, aber die Wartezeiten sind lang. Man fragt sich, woher der Druck der Chefköche mit den hohen Ansprüchen kommt, während die Nachwuchskräfte an jeder Ecke scheitern, anstatt zu glänzen.
Linas Geschichte spiegelt die Herausforderungen wider, mit denen viele junge Menschen konfrontiert sind. Der Karriereweg ist durchdrungen von Unsicherheiten und unrealistischen Erwartungen, oft ohne eine klare Perspektive. „Ich habe in den letzten Wochen so viele virtuelle Firmenbesuche gemacht, und keine hat einen bleibenden Eindruck hinterlassen“, ergänzt ein Kommilitone. „Die Präsentationen sind oft langweilig, die Möglichkeiten für uns wurden kaum thematisiert.“
Die Unternehmen stehen vor einer grundlegenden Herausforderung: die Schaffung einer Anziehungskraft, die mehr ist als eine kahle Stellenausschreibung auf Jobportalen. Sie müssen sich bewusst werden, dass ihre hervorragenden Ausbildungsangebote nicht ausreichen, wenn sie nicht in einer ansprechenden Weise kommuniziert werden. Die Studie, die diese Anomalie aufgedeckt hat, zeigt an mehreren Stellen, dass authentische und greifbare Einblicke in die Ausbildungswelt entscheidend sind.
In den bunt gestalteten Räumen einer örtlichen Berufsschule sitzen Ausbilder und Schüler verschiedener Ausbildungsjahre zusammen und diskutieren. Dabei wird schnell klar, dass die Kluft zwischen den Erwartungen der Unternehmen und den realen Wünschen der Bewerber enorm ist. Ein Ausbilder nennt die Herausforderungen, die er sieht: „Die Betriebe müssen nicht nur für ihre offenen Stellen werben, sondern auch für die Werte und die Kultur, die sie vermitteln wollen. Wir müssen die positiven Seiten des Unternehmenslebens hervorkehren, damit die jungen Leute wissen, dass es auch Spaß und Entwicklungsmöglichkeiten gibt.“
Währenddessen versuchen andere Unternehmen, sich mit modernen Soul-Food-Rezepten oder Initiativen für faire Arbeitsbedingungen zu positionieren. Der Boom der sozialen Medien hat das Marketing revolutioniert und neue Möglichkeiten geschaffen, aber auch eine Flut von Informationen. Die Frage bleibt, ob es dafür genügend Platz im Kopf junger Menschen gibt, die eine klare Vorstellung davon haben, was sie wollen und was sie brauchen.
Ein weiteres Beispiel: In einer kleinen Beratungsgesellschaft ist man bestrebt, ein offenes und kreatives Umfeld zu schaffen. Hier läuft es etwas anders. Ein ehemaliger Auszubildender sitzt in der letzten Reihe und berichtet: „Ich habe nie erwartet, dass man in einer Firma so viel über Teamarbeit und kreative Entfaltung lernen kann. Die Chefs sind engagiert, wirklich! Das ist etwas, was ich bei anderen nicht gesehen habe.“ Diese Atmosphäre könnte zu einem Magneten werden für all jene, die die Kluft zwischen Vorstellung und Realität überbrücken wollen.
In den Berichtstagungen spiegeln sich die Themen wider, die in den Gesprächen der Schulabgänger oft anstehen: Flexibilität, Work-Life-Balance und die Möglichkeit zur persönlichen Weiterentwicklung. Diese Aspekte zeigen, wie wichtig es ist, die Wünsche und Träume der Bewerber in den Vordergrund zu rücken. Ein Chef eines örtlichen Handwerksbetriebs bemerkte lakonisch: „Wenn wir nicht lernen, uns selbst darzustellen, werden die besten Fachkräfte an uns vorbeigehen. Und das wäre der größte Verlust für uns.“
Schließlich ist es doch das Versprechen auf eine Zukunft, das junge Menschen am meisten anspricht – nicht nur ein Arbeitsplatz, sondern eine Arena, in der sie ihre Fähigkeiten entfalten können. Doch wie kann dies realisiert werden, wenn beide Seiten meist in unterschiedlichen Welten leben? Vielleicht ist der erste Schritt, den Jugendlichen zuzuhören und ihre Anliegen ernst zu nehmen – nicht nur in der Frage von Gehalt und Urlaub, sondern auch im Hinblick auf die Qualität des Lebens, das man gemeinsam in einer Ausbildungsstätte erschaffen kann.
Wenn es irgendwo einen Funken Hoffnung gibt, dann in den unzähligen Gesprächen, die zwischen den Fachkräften und angehenden Azubis stattfinden. Der Austausch öffnet Türen, schärft den Horizont und lässt Träume entstehen. Und diese Träume sind es, die irgendwann das Bild einer neuen Generation von Fachkräften prägen könnten – bereit, den Herausforderungen der Zukunft gerecht zu werden.