Im überhitzten Sommer des Jahres 2022 fanden sich viele Menschen in den Notunterkünften Berlins ein, die vor den Schrecken des Krieges aus der Ukraine geflohen waren. Die Hallen der ehemaligen Schwimmhallen und Sporthallen waren gefüllt mit mehrsprachigen Gesprächen, kichernden Kindern und dem Geruch von Heimatlosem, vermischt mit dem Duft von frischem Brot aus der nahegelegenen Bäckerei. Die Schwimmbecken waren nun mit Matratzen bezogen, und die Wellenklänge waren dem Plätschern der Emotionen gewichen. Für viele war dieser Ort ein vorübergehendes Asyl, für andere ein Neuanfang in einem fremden Land.
Das Bild hat sich inzwischen gewandelt. Der Krieg hält an, die Unterstützung für die Geflüchteten jedoch verändert sich. Mit dem neuen Gesetz, das die Regierungen in Berlin und Brüssel in den letzten Monaten ausgearbeitet haben, wird es den im April 2023 nach Deutschland gekommenen ukrainischen Flüchtlingen nicht mehr möglich sein, Bürgergeld zu empfangen. Stattdessen fallen sie unter das Asylbewerberleistungsgesetz, das erheblich niedrigere Leistungen vorsieht. Die Nachricht kommt nicht überraschend: Inmitten von Krisen knüpfen Gesellschaften oft an finanzielle Hebel an, um die Lasten zu verteilen. Doch wie verändert dies das Leben der Neuen?
In einer kleinen Café-Ecke im Prenzlauer Berg sitzt Oksana, eine Ukrainerin, die vor einem Jahr fliehen musste. Ihre Züge sind jetzt eine entspannte Routine, ihr Lächeln wird Zeiten schmerzhaft mangelhafter Erinnerung überdeckt. „Wir haben unser Leben zurückgelassen, aber wir haben überlebt“, sagt sie, während sie einen dampfenden Tee hält – einen kleinen Luxus in einer manchmal zu rauen Realität. „Das Geld, das wir bekommen haben, hat uns geholfen, uns einzuleben. Aber was jetzt?“
Die Veränderung der finanziellen Unterstützung betrifft nicht nur Oksana. Sie ist eine von Hundertausenden, deren Existenz in Deutschland formell von der Politik geregelt wird. Die Entscheidung, die Gelder zu reduzieren, wird vor allem damit begründet, dass die Aufnahmekapazitäten des Landes überlastet sind. Es wird argumentiert, dass die Integration der Menschen in den Arbeitsmarkt gefördert werden solle – dennoch bleibt der bittere Beigeschmack, dass der schnelle Wechsel von einer Form der Unterstützung zur anderen viel über den gesellschaftlichen Rückhalt aussagt. Ist Mitgefühl nur eine vorübergehende Emotion in Krisenzeiten?
Im Hintergrund des neuen Gesetzentwurfs stehen auch Überlegungen zur finanziellen Entlastung – die Angeschlagenen, wenn auch unspoken, sind die Kommunen. Es ist eine vertrackte Situation: Auf der einen Seite gibt es den öffentlichen Druck, humanitäre Hilfe zu leisten, auf der anderen die ökonomische Realität, die diese Hilfe mit Zahlen und Statistiken unterlegt. Es sind komplexe menschliche Dramen, die hinter den Daten von Antragstellern, Überweisungen und Umverteilungen stehen; die Überlegung ist, wo die Kosten für die anhaltende Zuwanderung letztlich landen.
Goethe sagte einmal, dass jeder Mensch eigen sei in seiner Lebensgestalt, und genau das passiert in Berlin. Die Kämpfe um Wohnungen, um Schulplätze für Kinder, um Sozialkontakte – all dies entfaltet sich in verschiedenen Szenarien. In einer lebhaften Nachbarschaft haben sich in Straßencafés und Parks Gruppen von Geflüchteten aus der Ukraine und Einheimischen gebildet, die sich in Händen gehalten haben, um ihre Geschichten zu teilen und Lösungen für die Herausforderungen zu finden, mit denen sie gemeinsam konfrontiert sind.
Einige aktive Unterstützer des Projekts „Willkommen in Berlin“ versuchen, Brücken zwischen diesen Welten zu schlagen. Sie organisieren Sprachkurse, stellen Budgets zusammen und bieten berufliche Qualifizierungsmaßnahmen an. In diesen Räumen wird die Reduktion der finanziellen Mittel zur Nebensache. Hier ist es der Wille, der zählt. „Die Menschen verdienen es, in Würde zu leben“, sagt ein ehrenamtlicher Helfer, als er in direkter Konfrontation mit der systematischen Bürokratie versucht, eine schwierige Situation zu klären. In solchen Momenten wird sichtbar, dass die menschliche Wärme oft ein Kontrapunkt zu den kühlen, rationalen Entscheidungen der Politik bildet.
Aber es gibt auch die Stimmen, die fragen: Ist es fair, einen Unterschied zwischen den verschiedenen Gruppen von Flüchtlingen zu machen? Als Oksana von ihrer alten Heimat spricht, erinnert sie sich an die Freiheiten und Möglichkeiten, die sie dort hatte. „Ich hatte ein Leben. Jetzt bin ich hier und kämpfe jeden Tag um einen Neuanfang, der vielleicht nie kommt. Was steht uns zu?“ Die Fragen ihrer Gefühlswelt sind universell und anachronistisch. Sie sind ältere Widerhall von Unerhörtem.
Es wird eine Übergangsregelung geben, doch was das genau bedeutet, ist oft unklar. Ist es eine Pause in einer endlosen Kette von Umstellungen, oder wird der Raum für Kreativität und Anpassung, den die Geflüchteten oft nutzen, beschnitten? Die Überlegung schwebt in der Luft, während sich Oksana und andere am Tisch unterhalten, über das tägliche Überleben, das Sichern ihrer Träume und die Unsicherheiten in der neuen Heimat.
So schließen sich die Schleifen, die sich aus Erzählungen, Erinnerungen und Hoffnungen formen. Oksana steht auf, lässt das Geschirr hinter sich und tritt hinaus in das geschäftige Treiben Berlins. Eine Stadt, die sich verändert, ebenso wie die Geschichten, die sie speichert. Und während sie in der Masse verschwindet, bleibt die Frage: Was wird die Zukunft für all diese Menschen bereithalten, die nur einen Platz suchen, an dem sie leben können?