Als Funkmaster Flex am Ende einer eindrucksvollen Session die Worte fallen ließ – „Das war in einem Take“ –, war es mehr als eine bloße Bekundung. Es war ein Kampfansage. Eine Erinnerung daran, dass er, der Sohn des Bronxviertels, der gerade die Schwelle zum Hip-Hop-Zeitalter überschritten hatte, bis heute ein Liebhaber geblieben ist, einer, der darauf besteht, dass Kunst nicht durch zahllose Wiederholungen, sondern durch Authentizität und rohe Energie lebt. „Für all die Blender, die 50 Takes brauchen“, spottet Flex, „ihr habt gerade gesehen, wie es richtig geht.“ Diese Haltung ist nicht nur eine nostalgische Verbeugung vor den Pionieren, sondern eine Mahnung an die Generation der Schnellschuss-Künstler, die alles digital und beliebig erscheinen lässt.
Der Mythos Funkmaster Flex fühlt sich mit der Zeit noch vibrierender an – auch weil er nie aufgehört hat, sich in den kontroversesten Terrain der Hip-Hop-Kultur zu bewegen. Wer Flex’ Karriere verfolgt, kennt seine legendären Beefes. Nicht selten prallten in diesen Gefechten künstlerische Ehre, wirtschaftliche Interessen und persönliche Verletzungen aufeinander. Doch keine seiner Auseinandersetzungen war so namensprägend und zugleich so symbolisch für seinen kompromisslosen Wahrheitsanspruch wie sein jahrzehntelanger Konflikt rund um einen der tragischsten Helden der Rapgeschichte – Tupac Shakur.
Die Bilder von Tupac, The Notorious B.I.G. und Puff Daddy, die 1993 auf der Bühne des Palladium in New York stehen, wirken heute wie ein gefrorener Moment einer Ära, in der alles noch möglich schien. Funkmaster Flex war einer der Ersten, die Biggie Smalls interviewten; eine Verbindung, die vom frühen Hype bis zu Biggies brutalem Mord 1997 Bestand hatte – ein Verlust, der die hiphop-affine Gemeinschaft erschütterte. Dennoch, diese Tragödie sitzt tief und ist besonders komplex, wenn man die Narrative betrachtet, die seither kursieren.
Denn gerade Flex weigert sich, die tragische Fehde zwischen Biggie und Tupac als unabwendbares Schicksal abzutun. Er provoziert, hinterfragt und erzählt eine andere Geschichte. Für ihn war und ist der Streit mehr als nur ein fataler Konflikt zweier Giganten – er sieht in Tupacs Behauptung, bei einem Überfall durch Biggies Leute im Quad Studio brutal attackiert worden zu sein, eine Lüge oder zumindest ein fataler Irrtum. Flex nennt Tupac in harscher Kritik „Cheddar Bob“ – ein Spitzname, der mehr spöttische Verachtung als Anerkennung ist, und legt Tupac die Verantwortung dafür in die Schuhe, dass Biggie letztlich sein Leben verlor.
Diese Haltung ist alles andere als populär, gerade bei Tupacs Anhängern, die jede Kritik als Angriff empfinden. Aber Flex nimmt sich die Freiheit heraus, diese Wunden nicht heilen, sondern offenhalten zu wollen. Seine Wahrheit ist unbequem, verletzend, doch ungefiltert – dieses Element, diese Nicht-Bereinigung der Spannungen, macht einen Teil seiner Legende aus. Er bleibt ein unbequemer Wahrheitsfinder, dessen Stimme zum Teil des Hip-Hop-Mythos selbst geworden ist.
Und dann gibt es diesen magischen Moment, auf den sich wohl alle Hip-Hop-Enthusiasten einigen können – die Premiere des Songs „Otis“ von Jay-Z und Kanye West aus dem Jahr 2011, live und unzähmbar im Radio begleitet von Funkmaster Flex’ ungestümer Freude. Es ist eine Demonstration dessen, wie ein Medienmacher mit reinem Enthusiasmus, mitreißender Spontaneität und tiefer Verbundenheit zur Musikmomente schafft, die in die Kulturgeschichte eingehen. „Put your hand in the register, that money is yours“ – eine Phrase, die weit über die Hip-Hop-Szene hinaus Wirkung zeigt und Anklang findet bei Menschen, die mit diesem Genre sonst wenig zu tun haben.
Es sind genau diese Momente – das rohe, ungeschliffene Talent, die hitzigen Debatten über Wahrheit und Mythos sowie die Leidenschaft für das, was Flex als das Wesen des Hip-Hop sieht –, die ihn zu einer Ikone machen, die auch mitten im digitalen Zeitalter ihre Relevanz bewahrt. Seine Floridisziplin: das Authentische gegen ein künstliches Bild zu setzen, das immer häufiger mit „Prenzelscheiß“ verwechselt wird. Ob man ihn liebt oder hasst, Funkmaster Flex ist ein unverstelltes Echo einer Bewegung, die im letzten Vierteljahrhundert nicht nur Musik, sondern auch Gesellschaft geprägt hat.
Im Schatten von Mikrofonen, Plattentellern und Legenden bleibt Funkmaster Flex jemand, der daran erinnert, dass Hip-Hop mehr ist als ein kurzlebiger Trend – es ist ein Lebensgefühl, das sich nicht durch Mehrfachtakes und polierte Produkte definieren lässt, sondern durch den einen, echten Moment der Hingabe. Und vielleicht genau deshalb hört man seine Stimme noch immer so intensiv, so unverzichtbar. „Our money is your money“, sagt er – und mit diesen Worten zeigt sich nicht nur Großzügigkeit, sondern auch ein tiefes Bekenntnis zur Kunst und ihrer Geschichte.