Im Spätsommer 2005, als das Los Angeleser Sneaker-Boutique Undefeated gerade einmal drei Jahre jung und weit davon entfernt war, eine Ikone der Streetwear-Szene zu sein, betrat ein Trio von Figuren die Ladentür, das für immer den Kurs von Sneakerkultur und Kollaborationen verändern sollte. Mark Parker, damals Co-Präsident bei Nike, Tinker Hatfield, der Design-Gigant hinter fast allen geliebtesten Air Jordan-Modellen, und Lance Armstrong – eine Mischung, die auf den ersten Blick wenig mit urbaner Streetwear zu tun zu haben schien, aber genau hier, in diesem kleinen Laden an der La Brea Avenue, nahm etwas Außergewöhnliches seinen Anfang.
James Bond, Mitbegründer von Undefeated (und kein Geheimagent, sondern viel bedeutsamer in diesem Kontext), erinnert sich an diesen Abend als eine fast beiläufige Begegnung, die sich rasch zu einem kreativen Funkenflug entwickelte. Eddie Cruz, Bonds Partner, trug an jenem Abend wohl einen Jordan 4 – jener Sneaker, der später zum Ausgangspunkt einer der prestigeträchtigsten Kollaborationen der Szene werden sollte. Im Gespräch entstand die Idee, den Schuh in der Farbe eines Blackberry-Handys zu gestalten, jener omnipräsenten Kommunikationsmeister jener Zeit. Eine kleine, skurril anmutende Inspiration, die fast schon typisch für die ersten Gehversuche von Undefeated war, zwischen tech-affinem Optimismus und urbanem Popkultur-Geist.
Doch wie aus vielen guten Geschichten wurde auch hier aus der ersten Idee nichts Eins-zu-Eins. Paul Mittleman, ehemaliger Stussy-Designer und enger Partner von Undefeated, war es, der den entscheidenden Impuls gab: „Wenn ihr wirklich etwas machen wollt, dann solltet ihr es basieren auf dem Ethos von Undefeated.“ Damit war eine traditionelle Farbgebung vom Tisch, die Blackberry-Bezüge verworfen. An ihre Stelle trat eine militärisch inspirierte Ästhetik, die bald zum Markenzeichen der kleinen, aufstrebenden Streetwear-Marke werden sollte. Olive Nubuk-Leder, kombiniert mit dem Sicherheitsorange eines klassischen MA-1 Bomberjacken-Designs, ein subtiler Hinweis auf Nutzbarkeit, Toughness und einen gewissen Understatement-Luxus, der nicht auf den ersten Blick gegeben ist.
Diesen zweiten Entwurf, die zweite Version des Air Jordan 4, behielt man dann auch. Wochen später kam die erste endgültige Musterlieferung an und setzte damit einen Meilenstein: Undefeated war die erste Boutique überhaupt, die eine eigene Farbgebung für ein Air Jordan-Modell erhielt. Ein Privileg, das jahrzehntelang unerreichbar schien. Denn Michael Jackson der Sneakerwelt, Mike Jordan selbst, galt und gilt als stringent darauf bedacht, seine Signaturlinie wie ein heiliger Gral zu schützen, unantastbar für beliebige Experimente.
Doch James Bond und sein Team hatten nie die Ambition, die Sneakerwelt zu revolutionieren – zumindest nicht bewusst. „Wir wollten einfach nur coole Sachen machen“, sagt er heute, und darin liegt eine der besonderen Ironien dieser Geschichte. Aus dem bescheidenen Wunsch, der Sneakerwelt etwas Frisches und Authentisches hinzuzufügen, entstand etwas, das weit über Undefeated hinauswuchs. Nicht die Veränderung der Kultur war das Ziel, sondern die Leidenschaft für Details, die Hingabe an den Charakter eines Objektes, das mehr ist als bloßes Schuhwerk.
In der Ironie liegt hier auch eine gewisse Melancholie. Der Beginn einer Ära, in der das exklusive Sneakercollab-Dasein noch eine Seltenheit war, die heutigen oft inflationären Kollaborationen mit ihren millionenschweren Releases ahnte damals niemand. Die ursprüngliche Begegnung, still, fast unscheinbar, zwischen Schuh-Designern, Marketing-Giganten und visionären Ladenbesitzern, markierte einen Wendepunkt, dessen Bedeutung sich erst viel später komplett erschloss.
Heute sind Kollaborationen wie die von Undefeated ein fester Bestandteil der globalen Sneakerkultur – heiß begehrt, heißer gehandelt und manchmal seltsam ritualisiert. Doch zwischen all dem Trubel erinnert die Geschichte von jener Nacht in L.A. daran, dass große Veränderungen oft in kleinen, fast unscheinbaren Momenten wurzeln. Wenn man sich Zeit nimmt, das richtige Gefühl für eine Idee findet – und wenn Paul Mittleman einen Satz sagt, der zur Legende wird.
Undefeateds ursprünglicher Laden an der La Brea Avenue, in dem damals alles begann, steht heute vielleicht nicht mehr genau so da, aber sein Geist lebt weiter – in jedem Paar Schuhe, das nicht nur getragen, sondern verstanden wird, eine Brücke zwischen Vergangenheit, Gegenwart und einer Zukunft, die immer wieder neu erfunden werden will.