Ein Blechdach klappert im windigen Nachmittag auf dem staubigen Markt von Lilongwe, der Hauptstadt Malawis. Vor einem improvisierten Stand stapeln sich abgepackte Lebensmittel und Plastikflaschen mit handelsüblichem Wasser. Sarah, eine Verkäuferin mittleren Alters, zieht an ihrem Kopftuch und beobachtet neugierig einen Volkswagen, der langsam vorbeifährt. „Die Amerikaner“, sagt sie fast beiläufig, „sie reden viel von Handel, aber wir sehen wenig davon hier.“
Malawi, eines der ärmsten Länder der Welt, steht an dieser Schwelle zwischen Hoffnung und Realität. Ein Land, dessen Bevölkerung vor allem von der Landwirtschaft lebt, von Mais, Erdnüssen, und gelegentlich von Exporten wie Tabak – immer aber abhängig von außenstehenden Unterstützern und Hilfsprogrammen. Vor einigen Jahren klang es anders, als Donald Trump seine Afrika-Strategie an die Welt adressierte: weg von der klassischen Entwicklungshilfe, hin zu einem robusteren, gleichberechtigteren Handelsverhältnis. „Trade, not aid“, verkündete Trump, ein Mantra, das Millionen von Herzen und Hoffnungen berührte. Doch hier – inmitten der staubigen Straßen von Lilongwe – hat sich der Ton merklich verändert.
Die US-Regierung beschloss unter Trump und seinen Nachfolgern, Mittel für Entwicklungshilfe drastisch zu kürzen – in Malawi um bis zu 20 Prozent im letzten Jahr allein. Gleichzeitig verweigert Washington die dringend benötigten weiteren Handelspräferenzen, die den Export malawischer Produkte erleichtern könnten. Sarahs Nachbar, ein junger Mann namens Joseph, der versucht, seine Papayen auf den regionalen Markt zu bringen, erzählt aus erster Hand von diesen Bürokratien: „Früher konnten wir mehr Früchte nach Amerika schicken, heute kostet es Geld, das wir nicht haben, und es gibt neue Regeln, die wir kaum verstehen.“
Was Trump als marktwirtschaftliche Erneuerung versprach, wirkt für viele Malawier wie ein Rückzug. Die US-Hilfen flossen früher in Programme zur Bekämpfung von Malaria und HIV, in Bildungsinitiativen und Infrastrukturprojekte. Kaum jemand, der hier nicht zumindest ein Familienmitglied hat, das direkt von diesen Mitteln profitierte. Für die US-Regierung sind diese Zuschüsse oft Kokurrenz zu eigenem Unternehmertum: Wallace, ein amerikanischer Diplomat in Lilongwe, nennt es nachvollziehbar aus ihrer Sicht, „wenn man sich auf Hilfe verlässt, bleibt man in der Abhängigkeit. Handel soll Selbständigkeit bringen.“ Doch Selbständigkeit – wie sie hier verstanden wird – erfordert Strukturen, Zugang zu Kapital und Märkten, Know-how. Und daran hakt es.
Rachel, eine junge Agrarökonomin aus Lilongwe, spricht von einem „Dilemma amerikanischer Politik“. „Auf der einen Seite gibt es Lippenbekenntnisse zu Afrika als Partner, auf der anderen Seite schneiden Kürzungen in wichtigen Bereichen ab – besonders im Gesundheitssektor.“ Sie führt einen Workshop für Frauen, die in die Landwirtschaft einsteigen wollen. „Wenn von Handel gesprochen wird, denken die Leute an große Deals, Aufforstung, Fabriken vielleicht. Aber was hier fehlt, sind Grundlagen: Straßennetze, Strom, Bildung. Ohne das wächst selbst die beste Mango kaum in einen Markt.“
Ein paar Kilometer außerhalb der Hauptstadt, in einem Dorf namens Mchinji, treffen wir auf einen kleinen Laden, der von einem ehemaligen HIV-Patienten betrieben wird. Dieser Mann, Moses, erzählt offen von den Veränderungen durch den Rückgang der amerikanischen Projekte: „Früher kam das Geld, und wir planten langfristig. Heute heißt es: wir müssen improvisieren, jeden Tag.“ Moses ist einer der vielen, die trotz widriger Umstände mit kleinen Geschäften versuchen, sich über Wasser zu halten. Doch sie kämpfen gegen eine neue Realität, in der der gestrichene US-amerikanische Beitrag nicht anderweitig ausgeglichen wird.
Währenddessen verweist die US-Administration auf alternative Partnerschaften mit Afrika und größere Investitionen von Firmen, die langfristig auch in Regionen wie Malawi blicken könnten. Doch in der Praxis sind das selten schnelle oder sichere Lösungen für die Menschen hier. Die amerikanische Botschaft sieht Handelsabkommen als wegweisend, doch viele eindrückliche Gespräche vor Ort offenbaren eher Skepsis und Unsicherheit.
Die britische Entwicklungsorganisation CEID, die seit Jahrzehnten in Malawi tätig ist, spricht von einer „Chance, die gerade vertan wird“. Unterschiedliche Stimmen vor Ort kritisieren, dass Handel ohne die gesicherte Grundversorgung wie Bildung und Gesundheit eine Art privilegierter Luxusklasse bleiben wird, die der breiten Bevölkerung verwehrt bleibt. Die Geschichte von Malawi entwirft sich nicht nur in Zahlen oder politischen Prognosen, sie ist auch die Summe dieser lebendigen Momente und leisen Enttäuschungen – zwischen Hoffnung auf Veränderung und der spürbaren Wirklichkeit, wie sich die Verhältnisse für viele Menschen täglich verschieben.
Sarah zieht ihr Kopftuch fest, während der Wind Staubfahnen um ihre Stände wirbelt. Sie lächelt und sagt: „Vielleicht gelingt es morgen. Irgendwo gibt es immer einen Weg.“ Doch „morgen“ bleibt ungewiss in einem Land, das zwischen dem Wunsch nach Selbstbestimmung und der Abhängigkeit von einer Weltpolitik steht, die manchmal mehr verspricht als sie hält. In dieser Zäsur zwischen Versprechen und Erfahrung schreibt sich der Alltag Mahls auf – ohne große Schlagzeilen, aber mit einer Kraft, die sich nicht verbiegen lässt.