Im Dunstkreis vermeintlicher Männlichkeitsideale und körperlicher Perfektion entfaltet sich eine eigene Subkultur: Männer, die sich dem Penisvergrößerungsprogramm verschrieben haben. Es ist eine Welt, in der die Maße einerseits als private Obsession gelten, andererseits aber auch als Ausdruck von Selbstoptimierung im Zeitalter der „looksmaxxing“-Bewegung, dieses unaufhaltsamen Strebens nach äußerer Glättung und Steigerung der Attraktivität. Dr. Brandeis formuliert es lapidar: „NIH versucht, Krebs und Herzkrankheiten zu heilen. Für Penisvergrößerung interessiert sich dort keiner.“ Ein Satz, der trockener nicht sein könnte, aber dennoch viel über das Verhältnis von Wissenschaft und männlichem Schönheitswahn aussagt.
Anders gesagt: Die Medizin hat andere Sorgen. Doch in Onlineforen und speziellen Communities beschäftigt man sich ausdauernd mit dem „Wie“ – weniger mit dem „Ob“. Dr. Eisenberg ergänzt: „Die Datenlage ist begrenzt, teilweise findet man Studien zu speziellen Fällen, etwa Penistractionen bei Peyronie-Krankheit oder nach Prostata-Operationen.“ Doch für die meisten ist das Ergebnis nicht die brennende Frage, sondern der Prozess, der Fortschritt, das Maß – und die Grenze.
Salvini, ein Veteran der Szene, ist ein eindrückliches Beispiel. Anfang dreißig, damals noch mit durchschnittlicher Länge von knapp 16 Zentimetern, entwickelte er ein eigenes Verfahren, mit dem er auf beeindruckende 28 Zentimeter kam. Die „Suppressed-Restricted-Transposition Theory“ ließ ihn Geräte wie den selbst entworfenen „LengthMaster“ nutzen – eine Art intensive Drehmaschine, die das Organ streckt, quetscht und dreht. Salvini spricht von „drei vollen Drehungen“ und beschreibt die Rigiden dieser Methode mit einem fast rituellen Ernst.
Doch die Geschichte hat auch ihre Schattenseiten: „Ab sechs Inch wird es kompliziert“, sagt Salvini, heute etwas wehmütig. „Bei 6,5 ist deine Partnerin sehr zufrieden. Ab neun wirst du eher unpraktisch. Bei elf bist du eine wandelnde Dildo-Figur.“ Mehr ist nicht immer besser. Ein Satz, der diskret darauf hinweist, dass es Grenzen gibt – nicht nur anatomisch, sondern auch sozial und emotional.
Caleb, ein anderer Teilzeit-Orchideensammler, ist derzeit bei sieben Inches und bekommt gelegentlich den Vorschlag, seine Maße auf OnlyFans zu präsentieren. Ob er es tun wird? „Vielleicht ab neun,“ sagt er lächelnd, als sei es ein ferner Meilenstein in einer persönlichen Transformation. Ian wiederum stoppte seinen Weg bevor er sein Ziel erreicht hatte – auf Wunsch seiner Freundin. „Größer wäre schön“, sagt er offen, „aber sie will das nicht.“ Die Vorstellung von Harmonie, von Balance, von Grenzen zwischen Selbstwert und den Erwartungen anderer geht hier Hand in Hand mit der eigentlichen Veränderung – oder dem Wunsch nach ihr.
Doch obwohl die Sehnsucht nach Länge hier als lustvoller Wille zur Kontrolle beschrieben wird, birgt sie auch Risiken. Der Schrecken der Szene heißt „Hard Flaccid Syndrome“: eine chronische, schmerzhafte Erkrankung, bei der der Penis in ausgelaugtem, halbsteifem Zustand verharrt, ohne auf normalste Stimuli zu reagieren. Ausgelöst wird dieses Leiden vermutlich durch ständiges Anspannen während des Stretchings, das die Beckenmuskulatur stresset.
Hinzu kommen sichtbare Symptome, die zeigen, wie fragil das Gewebe ist: Petechien, winzige rote Punkte durch geplatzte Blutgefäße, bis hin zu dunklen Flecken durch ausgetretene Blutzellen. Beim sogenannten Jelqing, einem manuellen Training, kann der pudendale Nerv geschädigt werden; wiederum birgt Kraftanwendung ein hohes Verletzungsrisiko. Clark, ein weiterer Insider, betont den persönlichen Schmerzspielraum: „Was für den einen noch ein guter Zug ist, kann für den anderen schon das Überdehnen sein.“
Selbst Dr. Eisenberg warnt vor Übermanipulationen: Neben temporären Rötungen könnten langfristige Schäden drohen, sogar eine Penisklippenfraktur – und zwar ausgerechnet bei Erregung, wenn das Gewebe besonders anfällig ist.
Dennoch lässt sich die Bereitschaft, Risiken einzugehen, kaum abschrecken. Es scheint eine Abkehr von der alten Scham zu sein, eine Frage der Selbstermächtigung im großen Fitness- und Optimierungszeitalter, das Hink mit einem Augenzwinkern mit den Ursprüngen der Fitnessbewegung vor zwanzig Jahren vergleicht: „Supplements, Kreatin, Muskeltraining waren damals noch Randerscheinungen.“
Heute ist Peniserweiterung ein Teil dieser größeren Bewegung des „looksmaxxing“, das sich allgemein um Selbstverwirklichung und kosmetische Optimierung dreht. Es geht um mehr als Länge allein – vielmehr um das Gefühl, Kontrolle zu gewinnen, sich selbst zu transformieren.
Vielleicht ist das die eigentliche Geschichte dieser Subkultur: nicht die messbare Zunahme in Zentimetern, sondern die innere Entwicklung, das Wachstum der Seele hinter dem Organ. „Es war für mich eine Art Tor zu mehr Selbstvertrauen“, sagt BD, jemand, der sich seinen Körper im wahrsten Sinne des Wortes neu erschaffen hat. „Ich habe meinen Penis vergrößert. Ich habe das Unmögliche gemacht.“
Inmitten von fragwürdigen Geräten, überzeichneten Träumen und Schmerzen entsteht hier eine Geschichte von Selbstermächtigung – eine Suche, die mehr erzählt als nur von Größe. Sie erzählt von der Sehnsucht nach Kontrolle, von dem Versuch, im eigenen Körper ein bisschen Herr zu sein, und von der Einsamkeit, die oft mit dieser Suche einhergeht. Und vielleicht von der Erkenntnis, dass Wachstum eben nicht nur eine Frage von Zentimetern ist, sondern eine lange Reise ins Innere.