Am frühen Nachmittag in West Hollywood, irgendwo zwischen dem gedämpften Licht und dem gedämpften Murmeln eines exklusiven Clubs, da sitzt Justin Bieber – ein Popstar, dessen Leben längst mehr ist als nur Musik. Es ist der erste Monat nach dem offiziellen Launch seines längst erwarteten Modeprojekts Skylrk, und man spürt förmlich das vibrierende Prickeln eines modernen Expressivs, der sich zwischen Stil und Lifestyle neu erfindet. Bieber trägt seine „Upside Down“-Sonnenbrille, zartrosa und schwebend zwischen Retro und Avantgarde, als wäre sie der unauffällige Ausruf eines Charakters, der sich von den Zwängen der Glamour-Welt befreit. Daran merkt man: Hier geht es nicht nur um Bekleidung, sondern um Haltung.
Skylrk ist mehr als eine weitere Celebrity-Linie. Es ist ein Statement in Pastelltönen, gläsernen Fassungen und unerwarteten Formen – zugleich Spiel und ernsthafte Erkundung. Die „Upside Down“-Modelle, die ihre Premiere während einer fast schon zeremoniellen Release-Party feierten, zeigen, wie modische Statements heute funktionieren: subtil disruptiv. Manchmal wirkt die Welt der Mode so überhöht und leer, dass man vergisst, wie stark ein Accessoire unsere Wahrnehmung prägen kann. Doch hier, im kleinen Kosmos des Bird Streets Club, spürt man genau das Experimentelle: Ein Spiel mit Perspektive und Erwartung, mit Licht und Schatten.
Dass Bieber innerhalb weniger Tage nach dem Verkaufsstart von Skylrk auch noch sein fünftes Studioalbum „Swag“ veröffentlicht, ist bezeichnend für eine Ära, in der künstlerische Vielschichtigkeit keine Ausnahme mehr, sondern Normalität ist. Es fühlt sich ein wenig an wie das Bild eines Mannes, der längst gelernt hat, dass Umwege auf der Suche nach sich selbst lohnen, und der dabei das Rampenlicht nicht scheut, sondern gelegentlich spielerisch umlaufen kann.
Dabei macht es Spaß, die feinen Details zu beobachten, mit denen er Skylrk gestaltet. Zum Beispiel die Farbtöne, die sich an Orten und Stimmungen orientieren, die man nur schwer in Worte fasst: „Golf“-Grün, „Wax“-Beige oder „Toasty“-Schildpatt – das sind keine Farben, die laut schreien, sondern leise flüstern; Töne, die man bemerkt, wenn man genau hinsieht. Die Kollektion wirkt wie ein Studio, in dem Kreativität nicht gänzlich formelgebunden und immer offen für ein bisschen Verrücktheit ist.
Und doch steht hinter all dem deutlich mehr als nur modische Attitüde. Auf Instagram teilt Bieber immer wieder Einblicke in ungeläufige Skizzen und Prototypen, etwa eine „wavy bench“ aus Holzlatten mit dreieckigen Kissen, die so unbequem aussehen, dass man sie gerade deswegen gern ausprobieren möchte. Oder entwirft Sneaker in skaterhaften Silhouetten, die ihre eigene Geschichte erzählen und dabei weniger auf massentauglichen Trend setzen als auf persönliche Handschrift. Es sind Momente, die den Eindruck erwecken, dass Skylrk kein nur wirtschaftliches Projekt bleiben wird, sondern Ausdruck eines kreativen Mindsets, das sich Schritt für Schritt entwickelt.
Dass die Marke sich sogar an einen ganz eigenen „Soccer Season“-Drop wagt, ist ein weiterer Beleg für Biebers Verständnis von Mode als lebendigen Prozess. Die optisch auffälligen, babyblau-adidas-besetzten Fußballtrikots mögen auf den ersten Blick wie eine launige Laune wirken, verraten bei genauerem Hinsehen aber eine passionierte Auseinandersetzung mit Subkultur und Gemeinschaft. Denn irgendwann geht es auch darum, Räume zu schaffen, in denen sich Menschen wiederfinden, und nicht nur darum, ihnen etwas aufzuzwingen.
Skylrk steht somit an einem Punkt, an dem das Subjektive und das Kommerzielle ineinanderfließen, aber ohne sich gegenseitig zu erdrücken. Das ist die wahre Kunst jenseits der Bühne und der Billboard-Charts, die Biebers jüngstes Album „Swag“ in kurzer Zeit mit seinem selbstbewussten Titel unterstreicht. Es wird spannend sein zu beobachten, welche Wege diese junge Marke in den nächsten Monaten beschreiten wird und wie sehr sie die Persönlichkeit ihres Schöpfers widerspiegelt – zwischen Mainstream und Underground, zwischen einem schnellen Hype und einer möglichen Beständigkeit.
Man muss fast dankbar sein, dass Justin Bieber trotz seines Superstar-Status nicht nur im Rampenlicht tanzt, sondern auch immer wieder zeigt, wie Mode ein Vehikel für Identität, Freiheit und Experiment sein kann. In einer von schnellen Trends und Überstimulation geprägten Welt wirkt das fast ein bisschen nostalgisch – als kleine Gegenbewegung zu einem Dasein, das gern alles sofort und perfekt haben will. Skylrk ist kein greller Bling-Bling-Flash, sondern ein vorsichtig gesetzter Pinselstrich auf der Leinwand des 21. Jahrhunderts, der zeigen möchte, dass Mode eben auch anders sein darf.
Und ganz ehrlich: Ein bisschen davon können wir alle gerade gut gebrauchen.