Ein Schatten über dem Traum vom Eigenheim: Fannie Mae, Freddie Mac und die Unsichtbarkeit der Betrugsfälle
Es ist ein warmer Morgen in der kalifornischen Kleinstadt San Bernardino. Ihr Blick fällt auf ein charmantes, einst blühendes Wohnviertel, in dem die Häuser in den letzten Jahren zunehmend verwaist sind. Vor einem der Häuser steht ein weiteres „Zu verkaufen“-Schild. Die Farbe des Schildes blättert ab, als hätten auch die Worte darauf – „Einmalige Gelegenheit“ – ihre Bedeutung verloren. Geht man tiefer in die Materie, stellt man fest, dass hier nicht nur die Architektur unter dem Einfluss der Zeit leidet, sondern auch das gesamte Fundament des amerikanischen Wohntraums, der oft mit den Namen Fannie Mae und Freddie Mac assoziiert wird.
Fannie Mae (Federal National Mortgage Association) und Freddie Mac (Federal Home Loan Mortgage Corporation) entstanden als Staatsunternehmen mit dem Ziel, den häuslichen Traum für Amerikaner zu verwirklichen. Die beiden Giganten des Hypothekenmarktes sind für die Rolle zuständig, die Hypotheken zu garantieren und zu stabilisieren. In den letzten Jahren jedoch hat sich eine Schattenwelt des Betrugs entwickelt – und obwohl sie reichlich Daten und Ressourcen haben, scheinen diese Firmen die Betrugsfälle nicht mehr verfolgen zu können.
Nehmen wir den Fall von Juanita, einer alleinerziehenden Mutter aus der Nachbarschaft. Vor fünf Jahren kaufte sie in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft ein einst heruntergekommenes Haus. Doch was sie nicht wusste: Ihr Hypothekenanbieter war in einen Betrugsfall verwickelt, in dem falsche Angaben zu Einkommen, Kreditwürdigkeit und Wohnwert gemacht wurden. Ein Jahr später kam der Schock. Juanita erhielt die Kündigung ihres Darlehens und stand vor der Aussicht, das Haus zu verlieren – ein Albtraum für einen Menschen, der alles für ein stabiles Zuhause gegeben hatte.
Juanitas Geschichte ist nicht einmalig. Eine Analyse zeigt, dass die Anzahl der von Fannie Mae und Freddie Mac garantierten Hypotheken, die betrügerisch ausgewiesen wurden, erdrutschartig ansteigt. Doch gerade diese Giganten, die den Markt so stark beeinflussen, zeigen bisher wenig Handlungswillen, tatsächlich diese dennoch hochriskanten Hypotheken zu identifizieren und zu neutralisieren. Die Gründe dafür sind komplex und in der aktuellen Systematik des amerikanischen Immobilienmarktes verankert.
Die Aufsicht über diesen Markt ist fragmentiert und oft weit entfernt von der Realität der Straßen. Die verbrieften Hypotheken werden an Investoren verkauft, während die Aufsichtsbehörden zurückbleiben. Der Markt hat sich so weit automatisiert, dass der menschliche Blick und die intellektuelle Annäherung an diese Zahlen fehlen. Algorithmen und Datenbankanalysen haben den Menschen immer mehr ersetzt. Folglich wird Betrug oft erst dann sichtbar, wenn es bereits zu spät ist – wie im Fall von Juanita, die heute im Schatten ihrer Träume lebt.
Aber das Problem geht über die individuellen Schicksale hinaus. Die Gesellschaft als Ganzes ist betroffen. In einem Land, in dem das Eigenheim oft das größte Vermögen der Bürger darstellt, hat das Versagen der Aufsicht gewaltige wirtschaftliche Konsequenzen. Die Verbreitung von Hypothekenbetrug sorgt für ein massives Vertrauensdefizit in die Finanzinstitutionen. Wenn die Bürger das Vertrauen in die Handhabung ihrer eigenen Finanzen verlieren, sind die weitreichenden Folgen auf die gesamte Wirtschaft nicht abzuschätzen. Das hängt nicht nur vom Hauspreis ab, sondern auch von der Stabilität der gesamten Finanzmärkte.
Die Bankenlandschaft hat sich in den letzten eineinhalb Jahrzehnten grundlegend verändert. Nach dem Zusammenbruch von 2008 standen viele der relevanten Akteure unter strengerer Aufsicht. Doch die Herausforderungen, die die Aufseher heute annehmen müssen, sind vor allem von technologischer Natur. Wer kann die Schattenseiten einer automatisierten Welt erkennen? Die große Frage bleibt: Wird der menschliche Verstand wieder in die Bewertungen einfließen, bevor es zu spät ist?
Schlussendlich steht die Frage im Raum, wie die Einhaltung von Transparenz und die Unterstützung von staatlichen Programmen auf Dauer gesichert werden können. Der Fall von Juanita ist kein Einzelfall; er ist das Resultat eines gescheiterten Systems, das nicht bereit ist, sich den Herausforderungen der Gegenwart zu stellen. In einer Welt, in der Träume vom Eigenheim für viele Realität werden sollen, ist es umso wichtiger, diese Träume nicht im Schatten des Betrugs zu verlieren.
Solange Fannie Mae und Freddie Mac ihre Rolle als Wächter des durch staatliche Intervention unterstützten Wohnraums nicht korrekt ausfüllen können, lebt der amerikanische Traum weiterhin in der Unsicherheit – und das unter dem ständig wachsenden Druck der (Un-)sichtbarkeit.