Die Rüstung der digitalen Zukunft: Shyam Sankar und der Wettlauf um den technologischen Vorsprung
„Wir stehen am Rande einer neuen Ära“, sagt Shyam Sankar ungerührt und lässt seinen Blick über die quietschenden Schreibtische des Palantir-Büros in Palo Alto schweifen. Der ehemalige Oberst der U.S. Army und heute führender Kopf in einem der kontroversesten Tech-Unternehmen der Welt hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, die technologische Überlegenheit der USA in einer Welt zu sichern, die von geopolitischen Spannungen und digitalen Konflikten geprägt ist. Eine kleine, fast völlig unscheinbare FBI-Drohne, die gerade über der Nachbarschaft patrouilliert, thronte im Hintergrund wie ein stummer Zeuge, während Sankar seine Vision entfaltete: Europa mag der Schauplatz klassischer Kriege gewesen sein, aber das kommende Schlachtfeld findet in den Datenströmen und Algorithmen statt.
Sankars Weg führt zurück auf die Büros der U.S. Army. In der Zeit, als er Soldat war, lernte er, wie strategische Entscheidungen auf den Köpfen von Datenanalysten und Ingenieuren lasteten. „Ein Soldat benötigt Informationen, das ist entscheidend für seine Sicherheit und seinen Erfolg“, erklärte er einmal in einem Vortrag. „Doch Informationen sind nichts ohne die Fähigkeit, sie zu analysieren und in die Tat umzusetzen.“ Diese Erkenntnis — an der Schnittstelle zwischen Militär und Technologie — einfach, aber packend. Sie baute in ihm das Verständnis auf, dass Wissen Macht ist. Und das führt unweigerlich zu der Frage: Wie hält man damit Schritt, wenn der gesamte technologische Nahkampf sich rasant verändert?
Sankars Leitsatz „Reindustrialisierung“ ist kein schlauer Slogan, sondern eine klare Mission. Für ihn bedeutet es, Industrien neu zu beleben, die amerikanische Wirtschaft zu stärken und so sicherzustellen, dass die USA nicht nur Konsumenten von Technologien sind, sondern auch deren Erfinder. In Zeiten, in denen Länder wie China und Russland zunehmend aggressiv ihre eigenen Technologien entwickeln, sieht er die Antwort in einer Kombination aus erneuter Investition in die lokale Fertigung und einer tiefen Partnerschaft zwischen Unternehmen und Regierung.
„Wenn wir nicht selbst in der Lage sind, kritische Technologien zu entwickeln und zu produzieren, sind wir auf Gedeih und Verderb anderen Nationen ausgeliefert. Das ist ein Rezept für Konflikte“, mahnt er und untermalt seine Einschätzung mit aktuellen Beispielen – von Cyberangriffen auf Infrastruktur bis zu geopolitischen Spannungen, die durch den Wettlauf um Halbleiter und KI angeheizt wurden. Sankar spricht mit einem Eifer, der ansteckend ist, als wolle er sein Publikum aufrütteln. Es ist klar: Seine Vision ist das Fundament für die nächste Generation von Technologien, die die Art und Weise, wie wir leben und arbeiten, grundlegend verändern könnte.
Er setzt auf eine enge Zusammenarbeit zwischen der Tech-Industrie und dem Militär. In einer Zeit, in der Technologie oft nur als Ausgangspunkt für Unterhaltung und Konsum wahrgenommen wird, möchte er auf die tiefere und oft unbequeme Wahrheit aufmerksam machen: Technologische Innovation kann auch im Dienste des Schutzes der Zivilisation stehen. Jedes Mal, wenn wir unser Smartphone entsperren, können wir uns fragen: „Wie könnte diese Technologie im richtigen Moment in den Dienst unserer Sicherheit oder Freiheit stehen?“
Aber während Sankar große Pläne macht, gibt es auch Skepsis. Kritiker warnen vor der Entstehung einer „Überwachungsgesellschaft“, in der Daten über den Einzelnen gesammelt werden, um strategische Vorteile zu schaffen. Ein Datenschutzaktivist, der anonym bleiben möchte, sagt: „Die Vorstellung, dass wir Daten im Namen der Sicherheit opfern, muss hinterfragt werden. Die Balance zwischen Sicherheit und Freiheit ist ein schmaler Grat.“
Die inkrementalen Fortschritte in Technologien wie künstliche Intelligenz, Blockchain oder Quantencomputing könnten als Schlüssel zur Aufrechterhaltung dieser Balance dienen, doch wie wird die Gesellschaft integriert in diesen transformativen Prozess? An diesem Punkt wird Sankars Vision besonders wichtig: „Wir müssen sicherstellen, dass technologischer Fortschritt auch der Gesellschaft zugutekommt“ — und dabei bleiben wir auf dem Pfad, ein Weltführer in der Technologie zu sein.
Doch während die Debatte über Ethik und Technologie immer rasanter wird, öffnet sich auch die Frage, wie die breite Öffentlichkeit in diesen Fortschritt einbezogen werden kann. Sankar sieht einen Weg der Aufklärung — über Workshops, öffentliche Foren und Bildung —, um das Verständnis für Technologie bei der Bevölkerung zu schärfen. „Wissen ist nicht nur Macht; es ist Befreiung“, erklärt er, als er sich an sein Publikum wendet, das so vielfältig ist wie die Herausforderungen, vor denen die Gesellschaft steht.
Und während der Gong der Technologie mit unaufhaltsam weiter schlagenden Herzen in einer Welt voller Unsicherheit und Risiko widerhallt, bleibt Sankar optimistisch. Er spricht über eine mögliche Zukunft, in der Innovation nicht nur das Rückgrat der amerikanischen Stärke ist, sondern auch als Grundlage für eine globale Stabilität dienen kann. „Wenn wir den technologischen Wettlauf gewinnen, gewinnen wir auch den Frieden“, sagt er und lehnt sich zurück, als wüsste er, dass der wahre Wettbewerb gerade erst beginnt. Ein Wettbewerb, nicht nur um Technologie, sondern um das Verständnis, wie diese Technologie die Menschheit beeinflussen wird.