Sie sind die heimlichen Stars der Großstadt – flink, frech und tatsächlich ein bisschen faszinierend: Stadtratten. Während die meisten von uns bei ihrem Anblick instinktiv einen Bogen machen, gibt es in einigen urbanen Ecken Menschen, die bereit sind, dafür tiefer in die Tasche zu greifen. Bis zu 50 Dollar kostet es, den pelzigen Vierbeinern bei ihrem nächtlichen Stadtabenteuer zuzusehen. Ja, Sie haben richtig gehört: Ratten-Catching als urbane Freizeitindustrie. Ein bisschen schräg? Unbedingt. Aber eben auch irgendwie unverschämt spannend.
Stellen Sie sich vor: Es ist ein schwüler Sommerabend, der Asphalt glitzert nach einem Regenguss, und irgendwo zwischen dampfenden U-Bahn-Schächten und der düsteren Ecke einer nicht gerade glanzvollen Seitengasse wuselt eine kleine Horde der vielleicht unpopulärsten Stadtbewohner. Ihre Farben sind eher gedeckt, ihre Bewegungen ein bisschen hektisch, und trotzdem ziehen sie die Blicke magisch an – die Ratten. Gerade in Städten, deren Glamour manchmal an die Wand der Wirklichkeit prallt, haben sie sich zur heimlichen Sensation gemausert. Und wir reden hier nicht von einem schnellen Blick hinter den Mülltonnen-Vorhang, sondern von einem gut durchdeklinierten Spektakel, fast wie Zoo und Urban Safari in einem.
Da sitzt man also, in einem hippen Café irgendwo zwischen Streetart und schnödem Betonklotz, nippt an einem leichten Rosé und beobachtet durch eine Linse das hektische Treiben der nachtaktiven Nager. Ein bisschen wie David Attenborough – nur mit weniger Fliegen und mehr Kaffeearoma. Die Ratten flitzen durch enge Gassen, balancieren akrobatisch über Stromkabel, erkunden Müllberge und hinterlassen ein kleines Drama des Überlebens, das gleichzeitig abstoßend und faszinierend ist. Vielleicht erinnert das ein wenig an diese kleinen skurrilen Figuren in einem Tim Burton Film, die trotz aller Dunkelheit irgendwie liebenswert bleiben.
So bizarr das auch klingt, an diesem urbanen Ratten-Bureau de Tourisme steckt eine paradoxe Faszination: Hier trifft der urbane Dschungel auf die Wilde Natur mitten in der Stadt. Diese kleinen Kreaturen sind nichts weniger als Überlebenskünstler, die es schaffen, in den schmutzigsten Winkeln der Stadt zu existieren – ja, oftmals sogar besser als wir. Sie sind ein Sinnbild für das Chaos unserer Metropolen, für die Zerrissenheit zwischen Schönheit und Morast, für das Leben in all seinen – manchmal eher unangenehmen – Facetten.
Und sind wir ehrlich: Wer von uns hat beim Flanieren über Straßenfeste oder beim Gang durch enge Gassen nicht schon einmal mit einem leicht nervösen Augenzwinkern eine vorbeihuschende Ratte gesehen, dabei gleichzeitig etwas Schauerliches und irgendwie Vertrautes gefühlt? Vielleicht hat uns genau dieses zwiespältige Gefühl dazu gebracht, ihnen jetzt eine Bühne zu bieten. Nicht nur als Schädling, sondern als Teil unseres urbanen Lebensstils, der sich inzwischen bis in Bereiche vordringt, die man früher für unmöglich gehalten hätte.
Zwischen trashigem Charme und tierischem Glamour tanzen diese Stadtratten auf einem schmalen Grat. Sie sind der unfreiwillige Spiegel unserer Großstadtseele, mit ihren Geheimnissen, ihren Schatten, und ihrer rauen Schönheit. Und mal ehrlich: Ein bisschen seltsame Unterhaltung für 50 Dollar – mit Flair von Underground-Show, einem Hauch von Mystery und der unterschwelligen Botschaft, dass auch im Unscheinbaren ein Großstadtmythos schlummert – das hat schon was.
Also, beim nächsten Spaziergang durch die urbanen Schatten mögen Sie vielleicht nicht gleich an eine Ratten-Show denken. Aber wenn irgendwo das Rascheln in der Mülltonne Sie erwischt, können Sie sich ja vielleicht ein kleines, ironisches Lächeln nicht verkneifen: Die unheimlichen Hauptdarsteller unserer Stadt haben immer noch ihren ganz eigenen Glamour. Wer hätte gedacht, dass der Charme von New York, Paris oder Berlin unter anderem von einer Horde pelziger Nachtwanderer mit dem gewissen Extra an aufgeregtem Fiepen lebt? Vielleicht sind sie ja doch nur ein bisschen die cooleren Großstadtbewohner – flink, eigensinnig, und ein bisschen unverschämt.
Und während die Nacht sich schließlich über das Pflaster legt, die Lichter langsam dimmen und die Stadt für den Moment schlummert, bleiben die Ratten – unsere kleinen urbanen Schattenwesen – wach. Sie erzählen ihre Geschichte wortlos, doch mit einem Charisma, das länger nachhallt, als man denkt. Wie das eben so ist mit geheimen Stars: Man sieht sie nicht oft, aber wenn, nimmt man sie nie wieder ganz aus dem Blick.