Im Herzen Hamburgs, in einem großen, ehemaligen Speichergebäude an der Speicherstadt, pulsiert das Leben in einer Miniaturwelt, die längst zu einer der beliebtesten Touristenattraktionen der Stadt avanciert ist: das Miniatur Wunderland. Hier, wo Züge über kleine, detailgetreu nachgebaute Landschaften brausen und in wahren Wolken von Staub das Licht von tausenden LED-Lichtern in ein warmes Glühen taucht, stehen zwei Brüder am Puls eines beeindruckenden Traums. Frederik und Gerrit Braun – Zwillingsbrüder, die kaum unterschiedlicher sein könnten und dennoch seit Jahrzehnten unzertrennlich ihr Lebenswerk aufbauen.
Frederik, der ältere der beiden, möchte man sagen, trägt die Vision in sich wie ein Kind, das voller Staunen auf die Welt blickt. Mit einem Funkeln in den Augen plant er noch größere, noch aufregendere Welten. „Wir müssen immer weiter träumen. Das hier ist nicht das Ende, sondern der Anfang“, sagt er und gestikuliert wild mit seinen Händen, als könnte er mit jedem Flügelschlag von Ideen neue Kontinente des Staunens erschaffen. In der Tat ist der Ansatz des Miniatur Wunderlands visionär. Es ist nicht nur ein Modellbahn-Paradies; es ist ein interaktives Gesamtkunstwerk, das alles vereint: Technik, Kunst und eine Prise Magie. Die enormen Lichtszenen, die akribisch nachgebauten Städte und die Geschichten, die in jeder Ecke verborgen liegen, sind das Ergebnis unzähliger Stunden im kreativen Chaos.
Doch wo Frederik der Träumer ist, da ist Gerrit der Realist. Vielleicht ist es der Einfluss der Zwillingsdynamik: Wo der eine auch mal über den Zaun schaut, sieht der andere die notwendige Absicherung. „Planung ist das A und O. Ohne einen klaren Kopf für Details kann man keine großen Träume verwirklichen“, antwortet er nüchtern auf Frederiks Flüge. Mit einem Blick für Zahlen und einem unermüdlichen Sinn für das Machbare hantiert Gerrit in der schieren Unermesslichkeit der Projekte, die sie sich vornehmen. Sein Schreibtisch ist ein Sammelsurium aus Verträgen, Statistiken und organisatorischen Skizzen.
Ein Beispiel verdeutlicht das Spannungsfeld der beiden Brüder: Als sie 2013 die zwei Millionen Besuchergrenze knackten, jubilierte Frederik, während Gerrit eine Solaranlage plante, um die immense Energiemenge für die immer wieder wachsende Anlage zu stemmen. An dieser Stelle, zwischen kreativen Höhenflügen und bodenständigen Kalkulationen, zeigt sich die Essenz ihrer Partnerschaft. Sie sind nicht nur Brüder, sie sind Gegensätze, die in einer präzisen Balance zueinander stehen. Ein Zusammenspiel, das auch viele Phasen von Diskussionen und Kompromissen umfasst.
Inmitten des Lebhaften und der unaufhörlichen Innovationen läuft das Miniatur Wunderland stets nach einem rigorosen Zeitplan. Die beiden Brüder, die als Teenager schon ihre ersten Modellbahnlandschaften aus alten Schuhkartons bastelten, haben offenbar nie gelernt, wie man lange Pausen einlegt. Das Tempo ist hoch. Die Nachfrage der Besucher wächst, keine Woche vergeht, ohne dass neue Attraktionen anstehen. Das Schienen-Netzwerk ist längst über die Landesgrenzen hinaus gewachsen: Über Ländergrenzen erstrecken sich jetzt materielle Welten der Wunder, die die Lebenszeit des Modells und die Couture ihrer Designs vereinigen.
Manchmal, in stillen Momenten der Reflexion, ziehen sie Bilanz. „Wir haben die besten Erinnerungen zusammen geschaffen“, sagt Frederik und hebt dabei ein Glas Wasser. „Aber wir haben auch ordentlich geschwitzt.“ Gerrit nickt und lächelt verstohlen. Die konstruktiven Auseinandersetzungen über die jährlichen Investitionen, die Machbarkeit einzelner Projekte und die richtige Strategie für Marketing sind Teil des gewachsenen Vertrauens, das zwischen ihnen liegt. Das unberechenbare Spektrum menschlicher Beziehungen hat einen ganz eigenen Rhythmus entwickelt und gleichzeitig eine tief verwurzelte Vertrautheit geschaffen – etwas, das nicht verzerrt wird, egal wie turbulent die geschäftliche Landschaft sich auch gestaltet.
In der belebten Cafeteria, inmitten lachender Kinder und neugieriger Erwachsenen, gibt es Momente, in denen die Zwillinge still nebeneinander sitzen, während das geschäftige Treiben um sie herum weitergeht. Sie blicken auf die kleinen Szenen, die von den Besuchern bewundert werden, und eine unsichtbare Verbindung zwischen ihnen wird spürbar. „Was denkst du?“ fragt Gerrit irgendwann, während er auf eine Gruppe von Besuchern zeigt, die sich über das neue Modell freuen. Die Antwort von Frederik ist ein Lächeln, das mehr sagt als Worte.
So entfaltet sich das Miniatur Wunderland wie ein lebendiges Entity, ein Kollektiv, das aus den Ideen, der Ernsthaftigkeit, der Anstrengung und natürlich der Freude dieser beiden Brüder geboren wurde. Die elf Stockwerke des Modells sind auch ein Abbild ihrer Lebensrealität, gefüllt mit den Träumen und täglichen Herausforderungen, die sie miteinander meistern. Die Welt da draußen mag voll von Konflikten und Stress sein, hier jedoch, zwischen den Modellen und Kleinode der Phantasie, schließt sich der Kreis. Das Größte bleibt ungesagt: die bedingungslose Verbindung zweier Brüder, geformt durch unternehmerische Spurensuche und begleitet von einer tiefen, vorurteilslosen Zuneigung.
Es ist dies die tägliche Herausforderung, in einer schnellen, unbeständigen Welt die eigene Identität und die von anderen zu erkennen und in ein Gleichgewicht zu bringen. Und wie das Miniatur Wunderland so ist auch diese Partnerschaft ein Modell, das niemals stagnieren kann, die immer wieder neue Szenen verlangt, um zu beweisen, dass Träume, wenn sie gut geplant sind, eines Tages Realität werden können. So funktioniert die Magie, die in ihren eigenen kleinen Welten lebt.