In der Hochburg der Drucktechnik, zwischen den klobigen Maschinen, die monolithisch in der Lage sind, Farben mit einer Präzision zu vereinen, die fast an Kunst erinnert, hat sich ein neues Kapitel aufgeschlagen. Heidelberger Druck, das Unternehmen, das über Jahrzehnte hinweg Tinte und Papier in Marken, Botschaften und Geschichten verwandelt hat, schaut inzwischen mit einem entschiedenen Blick in eine andere Richtung: die Rüstungsindustrie. Ein entschieden unkonventioneller Schritt, der nicht nur die traditionsreiche Geschichte des Unternehmens beleuchtet, sondern auch in das pulsierende und umstrittene Herz der Verteidigungsindustrie führt.
Die Entscheidung der Traditionsfirma, eine Partnerschaft mit Vincorion, einem Zulieferer für Eurofighter, einzugehen, bringt einen Hauch von Unruhe in die Idylle von Heidelbergs Straßen und Altbauten. Gespräche in Cafés sind aufgeregt, in der Kantine fliegen die Worte wie die Speisen zwischen den Gästen. Die Diskussionen sind scharf, manchmal emotional, während sich die Sorge und das Unbehagen umfragen, was dieser Schritt für die Identität des Unternehmens, aber auch die Region selbst bedeutet.
Im Hauptsitz von Heidelberger Druck spürt man diese emotionale Ladung, eine Art angespanntes Aufeinandertreffen von Tradition und Zukunft. Man erinnert sich hier noch gut an die großen Tage der Druckkunst. Die Maschinen summen zwar noch, aber oft sind es die Sorgen um die Aufträge, die das Geräusch übertönen. Und so gibt man sich der Versuchung hin, den Blick über den Tellerrand zu wagen – auf die Technologie, die in der Verteidigung eingesetzt wird. Die Neugier auf neue Märkte wird auch durch die spürbaren Veränderungen in der globalen Sicherheitsarchitektur genährt.
Der Rückgang in der Druckindustrie wird von vielen als alarmierend wahrgenommen. In einem Raum voller Tinte und Papier, wo einmal Flaggen geschwenkt und Aufträge mit freudiger Erwartung bei Zahlen gefeiert wurden, gibt es nun eine beklemmende Stille, die die Einladung zum Aufbruch in eine neue Welt begleitet. Wie wird es sich anfühlen, Lösungen für sicherheitskritische Anwendungen zu entwickeln? Werden Maschinen, die zuvor Kunstwerke schufen, nun dazu beitragen, die Sicherheit des Landes zu gewährleisten? Diese Fragen schwirren durch die Köpfe der Mitarbeiter.
Einige schauen mit gemischten Gefühlen auf den Schritt in die Rüstungsindustrie. „Die Herausforderung ist nicht nur technologisch, sondern auch moralisch“, sagt ein Ingenieur, der seit Jahren in der Entwicklung tätig ist. „Wir sind in der Drucktechnik, weil wir kreative Lösungen finden wollen, nicht, um Systeme zu schaffen, die möglicherweise für Zerstörung eingesetzt werden.“ In seinem Blick liegt die Ambivalenz einer Generation, die zwischen den Idealen der Vergangenheit und den Realitäten der Gegenwart gefangen ist. Es ist eine ehrliche Unsicherheit.
Wenn man durch die hallenartigen Räumlichkeiten der Produktionsstätten schlendert, könnte man annehmen, dass nichts außer dem üblichen Technikgeräusch passiert. Doch auch hier, wo die Maschinen miteinander konkurrieren, um die nächste Auflage herauszugeben, spürt man das Aufeinandertreffen von Mensch und Maschine in einem neuen Licht. Hier entsteht womöglich die nächste Innovation, die sowohl den Druck für wertvolle Kunst als auch für politische Stabilität sichern soll.
„Wir machen das aus der Notwendigkeit heraus“, erklärt der CEO des Unternehmens. „Die Industrie entwickelt sich weiter, und wir müssen mit ihr gehen. Um zu wachsen, müssen wir mutig sein und neue Wege beschreiten.“ Sein Ton ist einer von Überzeugung und Hoffnung, vielleicht sogar Dringlichkeit, während er gleichzeitig die feinen Strömungen in seinem Unternehmen monitoriert. Die Mitarbeiter sind nicht blind für die Widersprüche, die sich aus dieser Partnerschaft ergeben können. Man trägt den Rucksack der Verantwortlichkeit, der von der Tradition des Unternehmens wie ein schwerer, aber unvermeidlicher Klumpen über die Schultern hängt.
Die Entwicklung von Energiesystemen für sicherheitskritische Anwendungen, wie sie bei Vincorion angedacht sind, könnte Raum für neue kreative Lösungsansätze bieten. Wenn Druckmaschinen irgendwann Stromversorgungssysteme für militärische Anwendungen schaffen, entsteht ein Spannungsfeld, das weit über die Werkshallen künstlichen Lichteingang hinausgeht. Hier wird nicht nur die Grenze zwischen Industrie und Militär verschwommen, sondern es stellt sich auch die Frage, wie sich Technologie auf die Gesellschaft auswirkt.
Im Schwitzkasten dieser Überlegungen fangen Gespräche an, sich zu verändern. Junge Ingenieure diskutieren in ruhigen Tönen über innovative Ansätze, während andere skeptisch bleiben. „Es könnte bald keine Wahl mehr geben“, murmelt ein Mitarbeiter leise, während er die Pläne eines neuen Projekts betrachtet. „Man könnte sagen, dass ein Unternehmen, das nicht mit den großen Strömungen schwimmt, schnell untergeht.“
Die Rückkehr in die Rüstungsindustrie ist kein einfacher Schritt für Heidelberger Druck, und sie geht mit der Aufgabe einher, die eigene Identität zu hinterfragen. Vielleicht wird es eines Tages einfach nur ein weiterer Sektor innerhalb des Unternehmens sein. Vielleicht wird es der Wendepunkt in der Geschichte eines der ältesten Druckereien der Welt. In jedem Fall entsteht hier ein lebendiges Wechselspiel aus allen Facetten dessen, was es bedeutet, auf der eigenen Tradition zu ruhen, während man gleichzeitig ungewollte Verbindungen zur Industrie des Krieges eingeht.