Armin Papperger sitzt in einem der modernen Konferenzräume der Rheinmetall-Zentrale in Düsseldorf. Durch die großen Fenster fällt das Licht der späten Nachmittagssonne auf den schlanken Tisch, der mit dem Logo des Unternehmens verziert ist. Hinter ihm erstreckt sich das pulsierende Leben der Stadt: Menschen hasten vorbei, Bäume wiegen sich im Wind, die Geräusche der Stadt vermischen sich zu einer konstanten Melodie. Doch in diesem Raum, der für Besprechungen und Verhandlungen konzipiert ist, ist eine andere Art von Dringlichkeit spürbar.
Seit Beginn des Ukraine-Kriegs hat sich Pappergers Welt verändert. Von einem CEO eines Unternehmens, das im Schatten der Rüstungsindustrie agierte, ist er zum Gesicht einer Branche geworden, die sich mit der Frage auseinandersetzen muss, ob sie die Instrumente des Friedens oder des Krieges schmiedet. Ein Mann, der stumm die Verantwortung für die besten und die schlimmsten Momente der Menschheit trägt. In vielen Augen ist er der Architekt eines wachstumsstarken, wenn auch umstrittenen Geschäftszweigs.
„Die Menschen brauchen Sicherheit“, sagt er mit fester Stimme, während er leicht mit den Händen gestikuliert. „In Zeiten wie diesen hat die Rüstungsindustrie nicht nur eine Rolle, sondern eine Verpflichtung.“ Seine Überzeugung ist unerschütterlich, doch während er spricht, kann man die zaghafte Nervosität in seinen Augen erkennen.
Das Gespräch wird unterbrochen, als sein Handy vibriert. Er wirft einen Blick darauf und sein Gesicht verhärtet sich. „Es sind wieder Drohungen gekommen“, murmelt er, als wäre es eine Selbstverständlichkeit. Morddrohungen, die per E-Mail und über soziale Netzwerke verbreitet werden, sind mittlerweile Teil seines Alltags. Ein Vorfall, der nicht nur die Welle internationaler Kritik widerspiegelt, die der Rüstungsindustrie entgegenbrandet, sondern auch die enorme Verantwortung, die auf seinen Schultern lastet.
„Ich habe immer gewusst, dass es schwierig sein könnte, aber die Intensität hat mich überrascht“, gesteht er, während er sich zurücklehnt und einen tiefen Atemzug nimmt. „Ich habe zwei Kinder, Freunde, eine Familie. Es ist nicht leicht, ständig mit dieser Art von Angst konfrontiert zu sein.“ In diesem Moment wird die menschliche Seite des CEO deutlich. Der Mann hinter dem Titel, der die ethischen Dilemmata und den moralischen Konflikt spürt.
Seine Karriere begann in bescheidenen Verhältnissen. Der Ingenieur aus Duisburg arbeitete sich über die Jahre hinweg an die Spitze eines der führenden Rüstungsunternehmen Europas vor. Thüringen, ein Ort, den Papperger als sein zweites Zuhause betrachtet. Hier ist er aufgewachsen, hier hat er die Werte gelernt, die ihn jetzt leiten: Verantwortung, Sicherheit, Fortschritt. Doch in der Gegenwart kommt er nicht mehr umhin, die Schattenseiten dieser Werte zu erkennen. Die Diskussion um Waffenlieferungen an die Ukraine, die Debatte über die eigene Rolle in einem Krieg, der aus einer geopolitischen Krise erwachsen ist, explodierten förmlich; die Frage nach der moralischen Integrität wird laut.
„Es sind nicht nur die Waffen, die wir liefern. Es sind Hoffnungen, die wir mit ihnen verbinden“, sagt Papperger. In seinen Augen blitzen Schwankungen, die zwischen Überzeugung und innerer Zerrissenheit hin und her schwanken. Es sind nicht nur Geschäfte, die er abschließt; es sind ethische Entscheidungen, die in der Abwägung zwischen Menschenleben und nationaler Sicherheit getroffen werden.
Die Realität ist, dass Rheinmetall boomt. Die Aufträge fließen, dieBilanzen sind grün. Aber während er von dem rasanten Wachstum spricht, sind auch Schatten sichtbar – Schatten der Gespräche in Politik und Gesellschaft, die aus dem Hintergrund heraus zu hören sind. Über 300 Millionen Euro Umsatz soll das Unternehmen allein im vergangenen Jahr zugewonnen haben, dank der erhöhten Nachfrage nach militärischen Gütern. Die Boote der Nachkriegsordnung rudern unruhig, während Papperger als Kapitän an Bord steht.
In kleinen Gruppen kommen Mitarbeiter zusammen, um über die aktuellen Herausforderungen zu diskutieren. Einige sind junge Ingenieure, die mit Leidenschaft an neuen Technologien arbeiten, deren Fortschritt in der Welt des Friedens wahrlich revolutionieren könnte. Aber sie sehen sich auch mit dem Druck der Sorgen konfrontiert, die Bürger und Aktivisten artikulieren. „Wir wollen das Richtige tun“, sagt eine Ingenieurin, die um diplomatisches Feingefühl bemüht ist.
In der Kaffeeküche, wo sich die Mitarbeiter entspannen, singen die Klänge nervöser Späße und anekdotischer Erzählungen durch die Luft. Doch immer wieder schleicht sich die Frage in die Gespräche: „Was ist, wenn wir uns auf der falschen Seite des Geschichtsbuchs wiederfinden?“
Armin Papperger weiß, dass er sich schließlich auch mit dieser Frage auseinandersetzen muss. Am Ende des Tages muss er nach Hause gehen und seinen Kindern in die Augen sehen. Ob die Entscheidungen, die er trifft, auf den Krieg und das Blut der Menschen schauen oder auf ein besseres Morgen? In der Politisierung der Rüstungsindustrie verstrickt, hält er den Balanceakt zwischen wirtschaftlichem Gewinn und menschlicher Verantwortung aufrecht.
Einmal mehr blickt er hinaus auf die Straßen von Düsseldorf, auf das Treiben, das unberührt von den Kämpfen in ferneren Ländern weitergeht. „Die Herausforderungen sind größer als die Lösungen, die wir derzeit haben“, sagt er schließlich, und seine Worte hallen nach, während er in den Gedanken des Lesers verweilen. Ein Platzt in der Weltgeschichte, an dem sich das Gewissen mit den Taten verbindet, ohne je ganz zu versöhnen.