Aufbruch nach Fernost: Lauda und die Entfaltung der Möglichkeiten
Jede Expansion beginnt mit einer Entscheidung. Bei Lauda, einem mittelständischen Unternehmen aus dem schwäbischen Lauda-Königshofen, fiel diese Entscheidung vor zwei Jahrzehnten in einem kleinen Büro, umgeben von Stapeln von technischen Handbüchern und Prototypen. Hier, in den heiligen Hallen der Ingenieurskunst, saßen die damaligen Geschäftsführer und grübelten über eine Frage, die nicht nur das Unternehmen, sondern auch die Richtung der deutschen Ingenieurskunst beeinflussen könnte: „Wie gehen wir nach Asien?“
Asien. Ein Kontinent, der sich in den letzten Jahrzehnten rasant verändert hat, ein Magnet für Unternehmen aller Größenordnungen. Lauda, bekannt für seine hochpräzisen Temperiergeräte und -systeme, war entschlossen, nicht nur Mitspieler in diesem Markt zu werden, sondern sondern zu wachsen, zu gedeihen, nicht zu ersetzen.
Die ersten Schritte waren bescheiden. Eine Delegation reiste nach China, um die Gegebenheiten vor Ort zu erkunden. „Damals waren wir noch das kleine Unternehmen aus Deutschland, das für seine Qualität stand, aber kein Wort Chinesisch sprach“, erinnert sich der aktuelle Geschäftsführer, Michael Klein, während er in die Tasse mit grünem Tee nippt. Die Momente von Verwirrung und kulturellen Missverständnissen scheinen noch frisch in seinem Gedächtnis verankert. „Wir hatten keine Ahnung, was uns erwarten würde.“
In den frühen Tagen der Expansion glich der Umgang mit asiatischen Partnern oft einem Tanz auf einem schmalen Grat. Man wollte die Herausforderungen der Marktanforderungen und der kulturellen Unterschiede nicht nur verstehen, sondern auch umarmen. In einem kleinen Konferenzraum in Shanghai, umgeben von großen Fenstern und der Hektik der Stadt, wurden Verträge ausgehandelt, deren Bedeutung weit über die finanziellen Transaktionen hinausging. Es ging um Vertrauen, um das Knüpfen von Bindungen. Lauda stellte bald fest, dass eine Partnerschaft im asiatischen Raum eben mehr ist als die bloße Übertragung von Technologie – es war ein Austausch von Ideen und Perspektiven.
Ein herzlicher Empfang, ein gelegentlicher Witz – all dies half, den Grundstein für eine langfristige Geschäftsbeziehung zu legen. Dennoch war es nicht immer ein einfaches Unterfangen. „Die Herausforderungen waren immens“, gesteht Klein. „Wir mussten uns ständig anpassen, uns weiterentwickeln und oft von Grund auf neu lernen.“ Rückschläge waren Teil des Prozesses – Marktentwicklungen, die nicht den Erwartungen entsprachen, politische Rahmenbedingungen, die sich täglich ändern konnten. Auf einmal konnte das Vertrauen in der Partnerbeziehung auf dem Spiel stehen.
Aber Lauda schien der Unbeirrbarkeit der Natur des Unternehmertums zugänglich zu sein. Während andere Unternehmen der Versuchung erlagen, sich allein auf ihre deutsche Ingenieurskunst zu verlassen, bemerkte das Team von Lauda schnell, dass man ohne lokale Kenntnisse und Partner nicht erfolgreich sein konnte. „Es war essenziell, sich vor Ort mit den Gegebenheiten auseinanderzusetzen“, so Klein weiter, während er einen Blick auf die glänzenden Ausstellungsstücke wirft, die zur Zeit für eine internationale Messe vorbereitet werden. „Das ist nicht nur eine Fabrikhalle, das ist ein lebendiger Organismus.“
Einige Jahre später, als Lauda seine erste Fertigungsstätte in China eröffnete, war der große Sprung in den Markt nicht einfach. Noch immer, während die Maschinen in den hochwertigen Werkhallen summten und die Mitarbeiter konzentriert arbeiteten, spürte man die Nervosität, die mit dem Wachsen einhergeht. Doch aus einem besonderen Moment entstand eine bemerkenswerte Verbindung. „Wir hatten einen Ingenieur aus Deutschland, der sein Wissen über unsere Systemtechnik teilte, und lokale Techniker, die uns über den Markt und die Kundenbedürfnisse informierten. Dieser Austausch hat uns nicht nur geholfen, unsere Produkte zu verbessern, sondern uns auch gezeigt, dass man voneinander lernen kann“, erzählt Klein mit einem Lächeln.
Das Unternehmen verankerte sich in den Gemeinschaften, in denen es tätig wurde – ein wichtiger Schritt, um die Türen zu den Herzen der Menschen zu öffnen und eine Kluft zu überbrücken, die oft wirtschaftlicher Natur ist. Schnelle Lösungen sind nicht selten das Ergebnis langfristiger Investitionen. Klein beschreibt, wie sich Lauda nicht nur als Hersteller, sondern als Teil des Problems präsentiert – ein Partner, der gemeinsam mit den asiatischen Märkten nach Lösungen sucht.
In einer Welt, die oft von kurzfristigen Zielen und blitzartigen Ergebnissen geprägt ist, strahlt Lauda einen anderen Ansatz aus. Der Umgang mit dem Asiatischen Raum veränderte nicht nur die Geschäftspraktiken des Unternehmens, sondern auch die Perspektive der Mitarbeiter. Sie begannen, die Vielfalt der Ideen und Kulturen zu schätzen, die sie umgaben – eine Wertschätzung, die sich sowohl im Unternehmen als auch in den Produkten widerspiegelte.
Die Lichter der Stadt Shanghai glitzern in der Abenddämmerung, während Klein in einem Café auf dem Dach eines Wolkenkratzers sitzt und auf die pulsierende Metropole blickt. Hier wächst der Markt, boomt die Tech-Industrie, und hier ist Lauda mittendrin. Die Vision von damals ist gewachsen – nicht ohne Herausforderungen, jedoch mit einem Erfolg, der weit über die Finanzen hinausgeht.
„Es geht nicht nur um das Geld. Es geht um Beziehungen – um Respekt und Vertrauen. Das sind die Werte, die uns leiten“, sagt er nachdenklich. Dies ist die neue Art des Unternehmertums. Ein Gedanke, der nicht abgeschlossen ist, sondern immer weitergeführt wird – ein Prozess, der in einer globalen Welt von unermesslicher Bedeutung ist.
Hier, in der Abgeschiedenheit eines Shanghaier Cafés, sind die Weichen für die Zukunft gestellt. Und das nächste Abenteuer wartet bereits.